Folge 37 – 1994 und 1995
Schwierige Verhandlungen
Eine Enquete-Kommission des Bundestages befasst sich mit der Rolle der DDR-Kirchen. Die erste Anhörung war im Dezember 1993 in Erfurt, zu der Altbischof Werner Leich auf den Begriff "Kirche im Sozialismus" einging, der von DDR-Staat und Kirche unterschiedlich interpretiert worden sei.
Von Dietlind Steinhöfel
Zudem bemängelte er die einseitig auf die DDR bezogene Aufarbeitung deutscher Gegenwartsgeschichte. "Es wird dadurch der Eindruck erweckt, als gäbe es nur für die ehemalige DDR Aufarbeitungsbedarf."
Ein Thema zieht sich durch beide Jahrgänge: die Diskussion um den Militärseelsorgevertrag von 1957, den die Ostkirchen in der bestehenden Form ablehnen.
Im Mai 1994 berichtet "Glaube und Heimat", dass der Vorsitzende des Dietrich-Bonhoeffer-Vereins, Karl Martin, sowie der Rechtsanwalt Jan Niemöller einen Vertragsentwurf vorstellen. Die Seelsorge an Soldaten solle gewährleistet sein, ohne von "staatskirchlichen Elementen" durchsetzt zu werden.
Die beauftragten Pfarrer sollen im Dienst der Kirche bleiben und das Kirchenamt für die Bundeswehr aus dem Verteidigungsministerium herausgelöst werden. Der Synode waren im Herbst 1993 zwei Modelle vorgestellt worden: Das Modell A enthält nur wenige Änderungen. Das Modell B sieht dagegen die Herauslösung der Seelsorge aus der Bundeswehr vor. Anhänger der bestehenden Form wiederholen, dass die Umsetzung des Modells B schwierig und zeitraubend sei und vertragsrechtlich kaum durchführbar.
Doch am 16. Juli 1994 gibt der Rat der EKD seine Empfehlung für Modell B heraus. Endgültig soll die Synode im November in Halle entscheiden. Diese einigt sich auf eine Kompromissformel. Danach sollen in allen EKD-Mitgliedskirchen in Ost und West neben Militärpfarrern, die Staatsbedienstete sind, auch Pfarrerinnen und Pfarrer im kirchlichen Dienst die Seelsorge gewährleisten. Der 1957 geschlossene Vertrag solle nicht abgeschafft, aber so geändert werden, dass beide Formen möglich sind.
Doch der Streit ist damit längst nicht behoben. Denn der Kompromiss wird noch einmal an die Landeskirchen zurückgegeben. Nach Meinung des Bonhoeffer-Vereins ist dieser eine "unredliche Situation", zitiert die Kirchenzeitung im März 1995. Der Militärbischof äußert sich zufrieden: "In der Praxis wird sich nichts, aber auch gar nichts ändern."
Fundstücke
Pflegeversicherung: Um die Pflegeversicherung zu finanzieren, soll der Buß- und Bettag als Feiertag gestrichen werden.
Osteuropa: "Hoffnung für Osteuropa" heißt eine neue Hilfsorganisation der evangelischen Kirchen, die am 27. Februar 1994 in der Berliner Gethsemanekirche gegründet wird.
Vertrag: Die Thüringer Kirche klärt im Frühjahr 1994 ihr Verhältnis zum Staat und schließt nach zweijähriger Vorbereitungszeit einen Staat-Kirche-Vertrag mit dem Freistaat Thüringen ab.
Volkenroda: Das Kloster Volkenroda wird wiederbelebt. 1994 berichtet die Kirchenzeitung, dass die Jesus-Bruderschaft in der ehemaligen Zisterzienserabtei ein Tagungszentrum plant.
Autor:Online-Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.