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Schlechte Verlierer?

Erntezeit: Kirchenland ist begehrt. Etwa drei Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in ­Mitteldeutschland gehört den evangelischen Kirchen. Die ­Verpachtung des Landes bringt Geld, aber manchmal auch ­Ärger. | Foto: ValentinValkov – stock.adobe.com
  • Erntezeit: Kirchenland ist begehrt. Etwa drei Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in ­Mitteldeutschland gehört den evangelischen Kirchen. Die ­Verpachtung des Landes bringt Geld, aber manchmal auch ­Ärger.
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»Sie kündigen uns – wir kündigen Ihnen« – Mit diesen Worten teilte ein Landwirt
aus dem Kirchenkreis Gotha der Landesbischöfin im Mai erbost den Kirchenaustritt seiner gesamten Familie mit. Was war geschehen?

Von Diana Steinbauer

Familie Selz, die im Kirchenkreis Gotha breite Flächen Ackerland bewirtschaftet, hat auch von der Kirche Land gepachtet. Nun bewarb sich der Ökobetrieb um eine Verlängerung der Nutzungsrechte für verschiedene Flurstücke in Gotha-Siebleben. Die Familie führte bei der Bewerbung ihre Erfahrung als Landwirte und bisherige Pächter, den von ihnen betriebenen ökologischen Anbau, ihre Ortsansässigkeit und ihre Kirchenmitgliedschaft ins Feld und bot den geforderten Mindestpachtzins. Doch neben den Betreibern des Ökohofes Selz gab es fünf weitere Bewerber.
Hans Selz bekam den Zuschlag nicht. Damit hatten er und seine Familie nicht gerechnet. Sie fühlen sich ungerecht behandelt, erfüllten sie doch fast alle der erfragten Kriterien. Selz wirft der Kirche vor, nur nach dem Preis gegangen zu sein. »Da unsere Familie im Betrieb, wie es uns die Kirche vormacht, auch wirtschaftlich denken muss, haben wir das gleichermaßen gehandhabt. Sie kündigen uns, wir kündigen Ihnen«, heißt es in dem Schreiben an Landesbischöfin Ilse Junkermann, das »Glaube + Heimat« vorliegt.
Selz wirft der Kirche vor, im Verfahren befangen gewesen zu sein, habe doch jetzt ein Bewerber den Zuschlag erhalten, der zum einen mehr geboten habe, aber auch aktives Mitglied der Synode sei. »Wir denken, dass die Glaubwürdigkeit der Kirche enormen Schaden durch solches Tun erleidet«, heißt es in dem Schreiben.
Bernd Hänel, Amtsleiter des Kreiskirchenamtes Gotha und mit dem Fall betraut, hat Verständnis für die Enttäuschung. Dennoch stellt er fest, dass sich das Kreiskirchenamt klar an die Vergabekriterien gehalten habe. »Wenn ein Pachtvergabeverfahren eingeführt ist, dann ist eben ein Wettbewerb eröffnet«, so Hänel. Er schildert, dass sich unter den fünf Bewerbern zwei herausbildeten, Familie Selz und der neue Pächter. Nach allen Kriterien habe zwischen beiden, was die Voraussetzungen und auch das kirchliche Engagement anbelangt, Gleichstand geherrscht. Am Ende entschied der Preis. Das hat für Hänel nichts Anrüchiges: »Landwirte sind Wirtschaftsfachleute und sie wissen, dass der Preis entscheidet.«
Es werde darauf geachtet, dass ein Landwirt nicht mehr als 30 bis 40 Prozent Kirchenland bewirtschafte, so Hänel. Außerdem werde geprüft, ob sich für den unterlegenen Bieter eine existenzgefährdende Situation ergebe. Dies sei im Fall Selz eindeutig nicht der Fall. Das betont auch Konsistorialrat Diethard Brandt vom Dezernat Grundstücke der EKM. Er spricht von einer »ganz bitteren Erfahrung für alle Seiten«. Für Selz, der auf einen Teil seiner zu bewirtschafteten Fläche verzichten müsse, aber auch für die Kirche, die auf einen Schlag fünf engagierte Mitglieder verloren habe. Brandt widersprach der Darstellung, es läge hier Willkür seitens der Kirche vor. Es habe keine Kündigung und auch keine Wegnahme des Landes gegeben. Die Verlängerung oder auch Nichtverlängerung einer Pacht sei Teil eines ganz normalen Verfahrens, das als besonders fair prämiert wurde. So empfehle beispielsweise der Städtebund Sachsen-Anhalt das Pachtverfahren der EKM seinen Kommunen.
Das angewandte wettbewerbsoffene Verfahren soll dem fairen Wettbewerb dienen, die Wirtschaftlichkeit fördern, transparent und diskriminierungsfrei sein, Interessenkollisionen und Befangenheit ausschließen und effektiv sein. Bei der Begutachtung der Bewerber, so heißt es, »muss in besonderer Weise darauf geachtet werden, dass es bei der Pachtvergabe im Bereich der EKM nicht um die reine Optimierung der Vermögensverwaltung geht, sondern in welchem Umfang die sozialen und kirchlichen Gesichtspunkte ausgewogen Berücksichtigung gefunden haben«. Das bisherige Verfahren und auch die ab Oktober neu angewendeten Kriterien seien gerecht, dennoch existiere ein gewisser Grundkonflikt, so Brandt.
Die Kirche wird oft über ihre Flächen wahrgenommen. Es ist der Landbesitz, mit dem Gemeinden und Pfarreien ausgestattet sind. Sie prägen das Bild von Kirche unweigerlich, und das schon seit Jahrhunderten. »Grund und Boden sind uns anvertrautes Schöpfungsgut«, erklärt Diethard Brandt. »Deshalb darf man nicht nur nach dem Preis gehen, aber es geht auch nicht, dass Geld gar keine Rolle spiele«, so Brandt. Denn Fakt ist, dass circa zwölf Prozent der Ausgaben im landeskirchlichen Haushalt allein durch die Einnahmen aus kirchlichem Grundbesitz gedeckt werden. Ein Großteil dieser Einnahmen ist für die Personalkosten in der EKM bestimmt. Ein wichtiger Baustein, auf den die EKM angewiesen ist, und zwar stärker als andere Landeskirchen, deren Kirchensteuereinnahmen um ein Vielfaches höher sind als hierzulande.
Daraus ergibt sich, was auch der Konflikt mit Familie Selz andeutet: ein Spagat zwischen dem Auftrag der kirchlichen Verwaltung und der gesellschaftlichen Erwartung. Das Pachtverfahren der EKM hatte in seiner derzeitigen Form 25 Jahre Bestand. Die Landessynode hat es in einer Evaluation neu bewertet und verbessert. Im Oktober sollen die neuen Richtlinien in Kraft treten. Die Synodalen haben sich in ihrer Bewertung ganz klar gegen den Schutz von Altpächtern ausgesprochen.

Kommentar: Gewinner und Verlierer

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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