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Luther kommt zu uns

Komponist Ralf Hoyer (l.) bespricht mit Mitgliedern der Kantorei Halberstadt sein Luther-Oratorium »Wachet recht auff«, das am 16. September im Halberstädter Dom seine Uraufführung erlebt. | Foto: Sabine Scholz
  • Komponist Ralf Hoyer (l.) bespricht mit Mitgliedern der Kantorei Halberstadt sein Luther-Oratorium »Wachet recht auff«, das am 16. September im Halberstädter Dom seine Uraufführung erlebt.
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Uraufführung: Mit dem Luther-Oratorium »Wachet recht auff« erfüllt sich der Berliner Komponist Ralf Hoyer einen langgehegten Traum. Mit ihm sprach Michael von Hintzenstern.

Was hat Sie bewogen, ein Luther-Oratorium zu schreiben?
Hoyer:
Ich persönlich liebe den Klang großer Kirchenräume und hatte auch schon mehrfach Gelegenheit, speziell für den Halberstädter Dom zu komponieren. Bei den Aufführungen dieser Werke entstand in mir immer die Vorstellung, ich würde das Gebäude mit Klang anfüllen, der die darin befindlichen Menschen trägt und einhüllt, der sie an der entstehenden Energie teilhaben lässt.
Als »Wiederholungstäter« suche ich immer nach Möglichkeiten, wieder in eine solche Situation zu kommen. Das ging nun parallel zu meiner Luther-Entdeckungsreise und so war mir ziemlich bald klar, dass meine nächste Arbeit für einen Kirchenraum ein groß besetztes Oratorium zu Luther sein müsste.
Zu meiner großen Freude war Kerstin Hensel, die ich schon lange kenne und als Dichterin sehr schätze, sofort bereit, mir einen Text dafür zu schreiben.

Welche inhaltlichen Ansatzpunkte
bestimmten die Konzeption des Werkes?
Hoyer:
Es ist in erster Linie die Haltung des Widerstehens, des sich selbst treu Bleibens, die Kerstin Hensel und mich an Luther interessiert hat. Diese Haltung ist auch heute dringend notwendig, wenngleich für diejenigen, die sie an den Tag legen, oftmals ebenso riskant wie damals.
Luther war ein Mensch mit Zweifeln und Irrtümern, voll und ganz ein Kind seiner Zeit. Nur wenn er uns als ein solches gegenübertritt, nicht auf einem Sockel, kommt er uns – die wir Kinder unserer Zeit sind – nahe und wir verstehen ihn.
Es gab verschiedene Überlegungen, Aktualisierungen und deutliche Parallelen zu heute anzubringen – sie haben sich alle erübrigt. Es geht einfacher. Luther kommt zu uns in einer heutigen Musiksprache und wir kommen zu ihm, indem wir eintauchen in alte Choräle, die aus bitterster Not um Hoffnung und Erlösung bitten. Und indem wir ein altes Frühlingslied singen, das mit seinen, von Luther beförderten Spottversen auf den Papst auch den Frühling der Reformation meint.

In Ihrer Komposition wirken neben Profis auch Laien mit. Wie ist Ihnen dieser Spagat gelungen?
Hoyer:
Ob er gelungen ist, wird sich zeigen. Natürlich ist der Schwierigkeitsgrad an die Möglichkeiten von Laien angepasst. Dennoch sind ungewohnte Herausforderungen zu meistern. Für die Mitglieder des Posaunenchores beispielsweise ist es eine völlig neue Erfahrung, »nur« eine Farbe in einem Gesamtklang zu sein, wo sie doch sonst komplette Choräle spielen.
Dem in der Zuhörer-Gemeinde platzierten Laienchor kommt neben seiner Funktion als Gegensatz zum Chor auf der Bühne auch eine vermittelnde und identitätsstiftende Rolle gegenüber der Gemeinde zu. Im gemeinsamen Singen kann sich Übereinkunft herstellen. Luther wusste diese Tatsache zu nutzen, indem er nicht nur mit seinen Predigten, sondern auch mit seinen Kirchenliedern für die Weiterverbreitung der reformatorischen Ideen sorgte.

Was bedeutet für Sie der Reformator?
Hoyer:
Eine der beeindruckendsten Geschichten, die ich als Kind gehört habe, war jene, dass Martin Luther ein Blatt Papier mit 95 Thesen an die Kirchentür in Wittenberg genagelt hätte.
Mit Hammer und Nägeln kannte ich mich als Achtjähriger schon aus und mit Blick auf unsere Kirchentür im Berliner Stadtteil Friedrichshagen stellte ich mir vor, dass es schwierig und anstrengend gewesen sein muss. Immerhin hörte ich im Religionsunterricht auch vom Ablasshandel und vom Mönch Tetzel … Es waren wunderbare, die Fantasie anregende Stunden. Verstanden habe ich vermutlich sehr wenig, aber das ist wohl normal und auch nicht weiter schlimm. Denn es war eine Spur gelegt.
So hat es mich – nach einer langen kirchenfernen Zeit – dann eines Tages doch interessiert, was es mit Luther und seinem »hier stehe ich …« auf sich hat. Diese Erkundungen dauern an.

Uraufführung: 16. September, 18 Uhr, Dom zu Halberstadt, Vokalconsort Berlin, Brandenburger Symphoniker, Kantorei Halberstadt, Leitung: KMD Claus-Ehrhard Heinrich; weitere Aufführungen: 17. September, 17 Uhr, Brandenburg, Dom; 23. September, 19.30 Uhr, Bayreuth, Stadtkirche

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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