Offene Türen, offene Herzen
Gemeindeporträt: Halle-Süd nutzt Umbrüche
Von Katja Schmidtke
Donnerstagvormittag: Drängen in den Fluren des Gemeindezentrums von Halle-Wörmlitz, Stimmengewirr, Deutsch mischt sich mit Arabisch und Farsi, Kinderlachen. Drei Mal in der Woche öffnen sich hier die Türen für Flüchtlinge. »Deutsch sprechen im Gemeindezentrum« heißt das Angebot der Kirchengemeinde Wörmlitz-Böllberg. Ein Dutzend Menschen aus der Gemeinde hilft, übt mit den Männern und Frauen Vokabeln oder unterstützt bei der Kinderbetreuung.
»Eines unserer Angebote«, sagt Juliane Claus, Vorsitzende des Gemeindekirchenrats. Die gut 600 Gemeindeglieder engagieren sich für ihren Stadtteil, hier zwischen dörflichen Strukturen und den angrenzenden Wohnsiedlungen, die ehemals für die Chemiearbeiter im nahen Schkopau und Leuna errichtet worden sind. Für sie war in den 1950er-Jahren auch das Parkfest ausgerichtet worden. Dass damals eine Kirchengemeinde teilnahm, war unvorstellbar. Heute sind die Christen selbstverständlich mit dabei. Im Vorjahr gab es erstmals eine ökumenische Andacht, in diesem Jahr wurde das Fest damit eröffnet und an einem kleinen Stand informierte die Gemeinde über Anliegen und Angebote. »Ein Kommen und Gehen. Mitten im Volk, mitten im Leben«, freut sich Gemeindemitglied Klaus Heynemann.
Im Dorf ist die Gemeinde verwurzelt: Die jährlichen Sommer- und Adventsfeste haben sich zu Dorffeiern gemausert; in der Baugruppe engagieren sich auch Nichtchristen –
und freuen sich ebenso, wenn am 2. Dezember die neue Glocke erklingen wird – und zum Kochen kommen viele, die keine Kirchenglieder sind. Die beiden Kirchen – Wörmlitz am Saale-Radweg und Böllberg als älteste romanische Kirche der Stadt – sind im Sommer geöffnet. »Bei uns stehen die Türen offen, aber wir gehen auch auf die Menschen zu«, sagt Kirchenälteste Juliane Claus.
Zukunftswerkstatt mit den Nachbarn
Das mussten die Christen in den vergangenen Monaten in besonderer Weise, denn die Pfarrstelle war vakant. Kürzlich ist die 45-jährige ordinierte Gemeindepädagogin Gundula Ortmann, die bislang in Magdeburg ein Jugendzentrum leitete, für ihren Dienst eingesegnet worden. Weil auch bei anderen Gemeinden in Halles Süden Veränderungen anstehen, wollen Wörmlitz-Böllberg, Gesundbrunnen und die Luthergemeinde enger zusammenarbeiten. »Wir wollen die Umbrüche nutzen«, sagt Juliane Claus. Bereits heute teilen sich die Gemeinden Kirchenmusiker und Gemeindepädagogen. Das Gottesdienstmodell mit wechselnden Feiern wurde besser angenommen als erwartet. In einer Zukunftswerkstatt kommt man regelmäßig zusammen: Avisiert sind ein gemeinsamer Gemeindebrief und Gottesdienste zu besonderen Anlässen.
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