Von Heiligen, Heiden und anderen Sündern
So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.
Epheser 2, Vers 19
Von Manuel Vogel
Wer sind hier eigentlich die »Heiligen«? Sind das solche Christen, die schon vor denjenigen, die im Epheserbrief angesprochen werden, Christen waren? Oder sind es, wie findige Ausleger sich ausgedacht haben, die Engel? Jedenfalls: Es geht um eine doppelte Zugehörigkeit. Die Angesprochenen sind einerseits »Mitbürger der Heiligen« und andererseits auch »Gottes Hausgenossen«. Es geht um die Gemeinschaft mit Gott und um die Gemeinschaft mit einer bestimmten Gruppe, eben den »Heiligen«, zu denen sich die Briefadressaten hinzugesellen dürfen.
Also, wer sind diese »Heiligen«? Schauen wir auf die vorangehenden Aussagen, aus denen unser Vers ja einen Schluss zieht: Angesprochen sind in Vers 11 »Heiden«, die früher einmal abschätzig »Unbeschnittene« genannt wurden, und zwar den Juden. Der Apostel, selber Jude, legt in Vers 12 seinen Finger in diese alte Wunde: Ja, für den Glauben an Gott bedeutet es nichts Gutes, wenn man nicht zu Israel gehört. Und: Zwischen Israel und den Heiden gab es tatsächlich eine feindselige Trennung (Vers 14).
Aber der Apostel kann das alles in der Vergangenheitsform ansprechen, denn Gott hat in Christus zwischen Israel und den Heiden Frieden gemacht, und nicht nur das, er hat beide zu »einem Leib« verbunden (Vers 12). Die »Heiligen« in Vers 19, deren »Mitbürger« die angesprochenen »Heiden« nun sein dürfen, sind also Juden, die an Jesus glauben, und die im Gottesdienst mit den Nichtjuden, die auch an Jesus glauben, eine enge Gemeinschaft bilden.
Die gute Nachricht unseres Verses ist also zweiteilig: Die Gläubigen gehören zu Gott, und sie gehören zu Israel. Nach zwei Jahrtausenden Christentum ist uns der zweite Teil dieser Nachricht fremd geworden, so fremd, dass einige christliche Ausleger sagen, die »Heiligen« seien die Engel.
Das damalige Unterlegenheitsgefühl der Nichtjuden ist längst einem Überlegenheitsgefühl gewichen. Wo aber Christus Frieden gemacht hat, hat beides keinen Platz.
Autor:Adrienne Uebbing |
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