Predigttext
Gott Raum geben
Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch zu den niedrigen. Haltet euch nicht selbst für klug.Römer 16, Vers 12
Kennen sie die, die es ja schon immer gewusst haben? Die, denen man es nicht recht machen kann? Die, "die genau wissen, wie" der Hase läuft?
Von Franziska Freiberg
Kennen sie die, die vor dem Bildschirm ihres Smartphones die große Politik machen und am Stammtisch „denen da oben“ die Meinung geigen? Die, die am liebsten von sich erzählen und immer einen Einwand parat haben?
Da ist etwas verlorengegangen in den letzten Jahren, das einmal tief in unserer Kultur verankert war. Da sind Fähigkeiten verkümmert, die uns einmal zusammengehalten haben: Miteinander reden. Einander zuhören. Wir verlernen es nach und nach. Im Netz geben große Verlage Lesezeiten an, Videos auf Insta dauern maximal 90 Sekunden, Filme peitschen ihre Zuschauer immer schneller von einer Szene zur nächsten. Wir eilen davon und sind Getriebene. Eine Überschrift reicht, um informiert zu sein. Ein kurzes Video macht uns zu Spezialisten.
Und jeder hat Recht und beharrt darauf. Da ist kaum Raum für Diskussion. Da ist die Welt schwarz oder weiß. Da steht das Ich im Mittelpunkt. Der große Fortschritt hat uns einsam gemacht, glaube ich. Das Vernetzt-sein mit der Welt hat uns abgestumpft für unsere Nachbarn. Das immer-alles-zu-jeder-Zeit hat uns leer gemacht.
Und anstatt miteinander ins Gespräch zu kommen, werden kritische Themen umschifft. Bloß keine Diskussionen vom Zaun brechen. Bloß keine Fläche für Konflikte schaffen. Warum auch, der andere weiß es vermeintlich eh besser. Und dann verkünden wir unsere Meinung nur noch anonym im Netz.
Wahrheit ist ein kostbares Gut. Und eines, das immer wieder neu gefunden werden will. Die Wahrheit gibt es nicht. Es gibt Perspektiven. Annäherungen. Versuche. Aber die letzte Ungewissheit bleibt. Unsere Sicht auf die Welt ist ein Konstrukt. Wir deuten unser Leben, unsere Welt. Und jeder tut das mit seiner Geschichte, mit seinen Überzeugungen, mit dem, was er gelernt und erfahren hat. Wer meint, alles zu wissen, weiß am Ende nichts.
Nur einer kennt die Wahrheit: Gott, der Anfang und das Ende der Zeit. Der, der in allem ist. Demut ist die Tugend der Stunde. Damit wir Menschen wieder miteinander reden. Gemeinsam Wahrheiten suchen. „Haltet euch nicht selbst für klug“ – sondern gebt Gott Raum und bleibt Suchende.
Autor:Online-Redaktion |
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