Folge 48 – 2010 und 2011
Der Papst im Lutherland
Es gibt viel Diskussionsstoff in den beiden Jahren 2010 und 2011. Zunächst wirbelt ein Satz der EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann aus ihrer Neujahrspredigt, die sie in der Frauenkirche Dresden und im Berliner Dom hält, mehr als Staub auf: "Nichts ist gut in Afghanistan."
Von Dietlind Steinhöfel
Politiker werfen ihr vor, die Position der Linkspartei zu vertreten. Leser in "Glaube und Heimat" stimmen ihr vorwiegend zu. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg lädt Margot Käßmann zum Gespräch ein, um die Hintergründe ihrer Aussage zu erfahren.
Innerhalb der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland stößt Landesbischöfin Ilse Junkermann mit zwei Themen auf Widerspruch. Zum einen wirft sie die Frage auf, ob ein festlicher Gottesdienst mit drei oder fünf Gemeindegliedern sinnvoll sei und schlägt Alternativen vor. "Muss ich mich vorher (…) anmelden, damit der Pfarrer weiß, ob es am Sonntagmorgen zehn Gläubige sind?", fragt ein Leser. Kritik erntet sie ebenso für ihre Äußerungen zur Versöhnung mit DDR-Tätern. In einem Interview verdeutlicht sie ihr Anliegen: "Versöhnung ist immer ein heißes Eisen, weil Menschen verletzt und Menschen schuldig geworden sind." Zündstoff für Kirche und Gesellschaft liefert auch Bundespräsident Christian Wulff. Der Islam gehöre zu Deutschland – wie eben auch das Christen- und Judentum – äußert er am Tag der Deutschen Einheit 2010. Der Kölner Weihbischof Heiner Koch warnt in diesem Zusammenhang vor einer Vermischung und Gleichmacherei. Dagegen stimmt der frühere EKD-Ratsvorsitzende, Wolfgang Huber, zu und ergänzt, dass jedoch über die Grundwerte der Gesellschaft mit Muslimen gesprochen werden müsse.
2011 ist Deutscher Evangelischer Kirchentag in Dresden, der mit einem Straßenfest beginnt. Unter dem Motto "… da wird auch dein Herz sein" feiern rund 118 000 Dauerteilnehmer in der Elbestadt. Einige atheistische Aktivisten machen Front gegen das Glaubensfest. Sie organisieren unter dem Slogan "… da wird auch dein Hirn sein" eine "religionslose Zone" in Dresden.
Und dann: Papst Benedikt XVI. kommt nach Deutschland und trifft sich auch mit Vertretern der Protestanten. Schon im Vorfeld werden hohe Erwartungen in Richtung Ökumene gedämpft. Er besucht zwar als erster Pontifex Luthers Kloster in Erfurt, doch er hat "kein Gastgeschenk im Gepäck", wie die Kirchenzeitung titelt. Als Erfolg wertet die EKD-Delegation bereits die Tatsache, dass der Papst das Ringen Martin Luthers um die Frage "Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?" gewürdigt hat. Es sei "faktisch eine Rehabilitation" des Reformators.
Positiv bewertet Altbischof Christoph Demke den Besuch und das Gespräch mit dem Papst im Kapitelsaal des Augustinerklosters. Wir Evangelischen sollten den Appell Benedikts aufnehmen, schreibt er, "uns gegenseitig helfen; tiefer und lebendiger zu glauben. Nicht Taktiken retten uns (…), sondern neu gedachter und neu gelebter Glaube".
Fundstücke
Lutherzwerge: Eine Kunstinstallation in Wittenberg erhitzt die Gemüter: Der Aktionskünstler Ottmar Hörl hat den Wittenberger Luther sozusagen von seinem Denkmal geholt und farbige Miniaturen kreiert. Sie werden im August auf dem Wittenberger Marktplatz aufgestellt. Es hagelt Kritik an der Aktion mit "Lutherzwergen". Der Wittenberger Superintendent Christian Beuchel meint jedoch, dass die Installation anrege, neu über Luther nachzudenken.
Aschewolke: Der Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull 2010 legt den europäischen Flugverkehr lahm. Auch die Teilnehmer einer Leserreise nach Sizilien können nicht nach Hause fliegen und nehmen eine lange Reise per Bus auf sich, um nach Hause zu kommen.
Kernenergie: Das Erdbeben vor der japanischen Küste und der darauffolgende Tsunami 2011, der das Kernkraftwerk in Fukushima stark beschädigt, führt zu einer erneuten Diskussion über die Nutzung der Kernenergie. Die Bundesregierung nimmt ihr Vorhaben, die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke zu verlängern, wieder zurück.
Autor:Online-Redaktion |
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