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Verfolgt

Kommentar von Diana Steinbauer

Im aktuellen Bericht der Thüringer Landesregierung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur findet sich auch eine Arbeitsgemeinschaft mit unaussprechlichem Namen – kurz: AG Christen. Diese AG habe festgelegt, steht da zu lesen, wegen der historischen Dimension des Begriffs »Christenverfolgung«, davon Abstand zu nehmen, im Zusammenhang mit den Erfahrungen in der DDR allgemein von »verfolgten Christen« zu sprechen.
Das verlangt, meines Erachtens, unbedingt eine Begriffsklärung. Natürlich kann man eine Christenverfolgung wie im alten Rom nicht mit der in der DDR vergleichen. Aber dennoch betrachten sich Menschen, die damals in der jungen Gemeinde aktiv waren, durchaus als Opfer, die wegen ihres Glaubens verfolgt wurden. Auch Pfarrer, die sich in den späten 50er-Jahren und Anfang der 60er aktiv für die Konfirmation und gegen die Jugendweihe starkmachten, wurden so lange schikaniert, bis sie aufgaben, in den Westen gingen oder inhaftiert wurden.
Markus Anhalt schreibt in seinem Buch »Die Macht der Kirchen brechen«, welchen starken Anteil die Staatssicherheit an der Durchsetzung der Jugendweihe hatte und wie sie diejenigen schikanierte, die sich kirchlich engagierten. Das Leid und die Repressalien von Jugendlichen, die sich für Konfirmation und gegen die Jugendweihe entschieden, lassen die untersuchten Aktentexte erahnen. Unter Tränen haben Betroffene (ehemalige Firmlinge und Konfirmanden) bei einer Diskussion über das Thema »Jugendweihe und Christen« beim Katholikentag in Leipzig geschildert, wie sie drangsaliert wurden. Ihr Leben, so sind sie sich heute sicher, wäre anders verlaufen, wenn sie sich anders entschieden hätten.
Da gibt es große Verwundungen, über die bis heute nicht gesprochen wird – auch nicht in der interministeriellen Arbeitsgruppe.

Autor:

Online-Redaktion

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