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Nachruf
Hans Jochen Genthe – Exzellenter Erfurter Erwachsenenbildner

Pfarrer i. R. Hans Jochen Genthe | Foto: privat

Kurz nach seinem 93. Geburtstag ist Dr. theol. Hans Jochen Genthe am 5. August in Erfurt verstorben. Hierher war er vor einigen Jahren zurückgekehrt, nachdem er seinen aktiven Ruhestand zunächst in Eschwege verbracht hatte.
Am Donnerstag, 13. August, lädt um 11 Uhr die Gemeinde zu einem Trauergottesdienst in die Predigerkirche zu Erfurt ein.

1927 in Mühlhausen/Thüringen geboren, war Hans Jochen Genthe als Soldat der Luftwaffennachrichtengruppe 1943 in amerikanische Kriegsgefangenschaft geraten, machte 1946 Abitur und studierte Evangelische Theologie in Bethel und Berlin.
Seit 1962 Pfarrer an der Erfurter Kaufmannskirche, hatte er 1969 die anspruchsvolle Reihe seiner Gemeindeseminare begründet. Sachkundig referierte er biblische, kunstgeschichtliche und kirchensoziologische Themen. Sie wechselten bunt. War beispielsweise gerade noch ein Kurs über die italienische Hochrenaissance gelaufen, ging es kurz darauf bereits um “Thomas Müntzers subversives Christentum”. Unzensierte Bildung geschah damals unter argwöhnischer Beobachtung der Staatsorgane. Der geistige Hunger, einmal geweckt, war groß, und Genthe kriegte man nicht satt. Freilich (eines seiner Lieblingsworte) hat er seinem dankbaren Publikum nie Schonkost verabreicht, sondern ironisch gewürzte Portionen im „jepfleechten“ Mühlhäuser Dialekt. Er nahm die Menschen als mündig ernst, bemühte sich um klare Gedankenführung, deutliche Rede und kluge Wiederholungen. Dabei hat er drastisch zugespitzte Urteile nie gescheut. Später stellte er auch eingehend Islam und Buddhismus dar. Als Pensionär setzte er seine Tätigkeit nicht nur an der Eschweger Volkshochschule fort. Das kam nach wie vor auch Erfurter Interessierten in der Evangelischen Stadtakademie "Meister Eckhart" zugute. Ein Gewinn war es, ihn als Kundigen bei Bildungsreisen dabeizuhaben.
1970 promoviert, war Genthe auch Dozent für Neues Testament an der Evangelischen Predigerschule im Augustinerkloster. Er hat nicht nur regelmäßig in Zeitschriften veröffentlicht, sondern ist auch als Autor neutestamentlicher und kirchengeschichtlicher Publikationen bekannt geworden. Zu nennen sind vor allem zwei Bücher, die Grundlegendes wissenschaftlich fundiert und verständlich weitergeben: seine kleine Geschichte der neutestamentlichen Wissenschaft „Mit den Augen der Forschung“ (1976) und sein Luther-Buch (1996). In den letzten Jahren arbeitete er an einer neuen Bibelübersetzung, die sehr nah am Originaltext bleibt und Hintergrundinformationen anbietet. Er konnte sie nicht mehr völlig abschließen, sie ist aber unter www.bibelbuch.de online zugänglich.
Hans Jochen Genthe beteiligte sich auch aktiv an der Friedlichen Revolution. So war aus seiner regulären Wochenschlussandacht in der Kaufmannskirche der berühmte Klagegottesdienst am 7. Oktober 1989 anlässlich des 40. Jahrestages der DDR geworden, der trotz martialischer Bewachung wegen des Andrangs zweimal stattfinden musste. Demokratie in Gesellschaft und Kirche war ihm ein Herzensanliegen. Er hat es gern weitergegeben.
Aribert Rothe

Autor:

Online-Redaktion

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