»Wir müssen uns fragen, was wir glauben«
Runder Tisch der Religionen: Andreas Fincke schlägt Brücken zu muslimischen Gemeinden
Von Markus Wetterauer
Es klingt banal, ist es aber nicht: Vertreter verschiedener Religionen treffen sich regelmäßig in Erfurt, um sich besser kennenzulernen. Für die Evangelische Kirche sitzt Dr. Andreas Fincke mit am Tisch. Fincke ist Studentenpfarrer, arbeitet für die Erwachsenenbildung und ist Beauftragter des Kirchenkreises Erfurt für den Dialog mit Muslimen.
Fincke ist fasziniert, was beim Runden Tisch der Religionen passiert: wenn der Rabbiner der jüdischen Landesgemeinde und ein Imam zusammen Tee trinken, Trauben essen und Späße machen. Da treffen Religionen aufeinander, die sich in anderen Teilen der Welt feindlich und bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstehen.
Seit 2015 gibt es den »Interreligiösen Gesprächskreis« jetzt schon. Ins Leben gerufen wurde er von Hubertus Staudacher vom Katholischen Bistum Erfurt. Seitdem treffen sich drei oder vier Mal im Jahr katholische, evangelische und russisch-orthodoxe Christen, Vertreter verschiedener muslimischer Gruppen, der jüdischen Landesgemeinde und der Bahá’i.
Die Themen sind eher theologisch als politisch: Wo kommen die Heiligen Bücher der einzelnen Religionen her? Wie wird man Pfarrer, Imam oder Rabbi? Fincke findet es »erstaunlich«, wie wenig die einzelnen Religionen oft voneinander wissen. Deshalb freut es ihn, »dass die meisten Teilnehmer die Treffen sehr ernst nehmen«. Und jedes Mal betet einer in der Runde eines seiner Gebete.
Oft geht es aber auch um ganz praktische Dinge, wie die Suche nach einem Raum. So sollte Pfarrer Fincke helfen, den Muslimen für die Feier ihres Aschura-Fests einen Saal für 700 Menschen zu finden. Ein Ding der Unmöglichkeit, wie sich herausstellte. Fincke sieht es eher als eine Aufgabe der Kommunen als der Kirchen, das zu organisieren: »Wir brauchen für diese Menschen vernünftige Gebets- und Versammlungsräume.«
Manchmal muss er auch falsche Vorstellungen auf der anderen Seite zurechtrücken. Zwar ist die Stadt Erfurt voll von Kirchen, deshalb aber ist es nicht so, dass alle Erfurter Christen sind. Dass in Deutschland nicht der Staat die Kirchen baue, sei nicht immer klar.
»Wir müssen lernen, mit dieser Vielfalt an Religionen umzugehen«, bilanziert Fincke. »Und wir müssen uns fragen, was wir selber glauben.« Im Augenblick erlebe er, vor allem in Ostdeutschland, eher eine Abwehr gegenüber Menschen, die aus anderen Ländern hierher kommen und zum Teil hoch religiös sind. Eigentlich sei es eine Chance für Christen, sich klarzumachen, was der eigene Glaube einem tatsächlich bedeute.
Autor:Online-Redaktion |
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