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in Richtung
Pfingsten und Trinitatis

Der Kirche wird dieser Tage zuweilen vorgeworfen, sie hätte ihren ureigentlichen Auftrag verlassen und wäre zur Hilfsorganisation für Genderfanantikerinnen und Klimaaktivisten herabgesunken. Wenn es so wäre, bedeutete das nicht das Ende der Kirche? An dieser Stelle soll solchen Vorwürfen nicht nachgegangen werden ... Wir wissen jedoch alle - manches, was anfänglich auf geistig hohem Niveaus angesiedelt war, vermochte sich auf Dauer dort nicht zu halten, sondern sank zu platter Diesseitigkeit herab. So traf es im Lauf der Geschichte Institutionen, bei denen man das nie für möglich gehalten hatte. Firmen, Parteien, Familien, Kulturen - und hie und da wohl auch unsere Kirche ...

Zu den kommenden Hochfesten Pfingsten und  Trinitatis gibt die von Vielen geschmähte Mutter aber wieder Einblick in die Geheimkammern ihrer innersten Theorienwelt. Sie ist an Ufern mächtiger Gedankenströme gepflanzt, deren Quellen nicht aus ihr selbst entspringen, sondern sich von jenseits alles Denkbaren speisen und wundersame Blüten und Blätter am Baum der Ideen getrieben haben. Die Urgedanken, denen die Kirche verpflichtet bleibt, haben nichts mit den sprachlichen Schnellschüssen jener zu schaffen, die von sich behaupten DIE VIELEN zu sein, mit Transparenten auf Straßen bzw. Plätzen umherziehen und scharfe Worte wie „Klare Kante” im Munde führen. Manche solcher Umzüge werden zwar in der Rückschau nicht unbedingt als falsch bewertet werden. Aber die wesentliche Aufgabe der Kirche ist eine ganz andere.

Worin besteht diese Aufgabe? Die Kirche hat von Gott zu erzählen und darum zu bitten, dass durch ihr Sprechen und Flehen der Himmel sich Zeichen und Wunder ablocken lässt. Die Kirche soll zeigen, wie der Glaube zum je einzelnen Menschen kam - und was der Einzelne für sich selber heute tun kann, damit der Glaube auch bei ihm zu bleiben Lust gewinnt. „Der Glaube ist eine feste Zuversicht auf das, was man erhofft und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht!” heißt es im Hebräerbrief (11,1). Dafür hat die christliche Kirche im Laufe der Jahrhunderte zwei besonders wichtige Grunderzählungen verfeinert. Erstens die Beschreibung des Jesus von Nazareth als historisch vortrefflichen Menschen. Der gesamte Festkreislauf unseres Kirchenjahres lehnt sich an die Biographie des Mariensohnes an: Seine Erwartung im Advent, die Geburt zu Weihnachten, das Lehren und Leiden in der Passion, österliche Auferstehung und Entrückung zu Himmelfahrt. Die andere Geschichte dagegen handelt von der Gabe göttlicher Gegenwart, die uns als Heiliger Geist vom Schöpfer und Christus gleichermaßen geschenkt wird. Solches gesellige Wirken von Schöpfer, Sohn und Geist als Ereignis des Wortes Gottes mit Hilfe der menschlichen Sprache wird an den kommenden Hochfesten Pfingsten und Trinitatis Thema sein: Der eine Gott handelt vermittels seiner drei Personen einzigartig - und kann nur in drei Personen gedacht werden - noch mehr aber wird er so verehrt. Freilich - das ist eine gedanklich gewagte Konstruktion, der sich viele verweigern wollten. Nicht alle hielten innerhalb der Ideengeschichte der Religionen den beschwerlichen Aufstieg zum Gipfel des Undenkbaren physisch und psychisch durch. Man richtete sich lieber bequem in den am Fuße des heiligen Berges aufgeschlagenen Basislagern ein. Die Kirche jedoch war in ihrer Gotteslehre mit Theoremen und Axiomen dogmatisch schon immer mutiger als alle anderen.

Autor:

Matthias Schollmeyer

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