15. Thüringer Adjuvantentage
Wie Bauern die Kirchenmusik prägten
Zu den 15. Thüringer Adjuvantentage wird vom 31. Mai bis 2. Juni in Gorsleben, Hemleben, Hauteroda, Oberheldrungen und Etzleben (Kyffhäuserkreis) eingeladen. Das Musikfest findet jedes Jahr in einer anderen Region statt, um an das einzigartige musikalische Erbe aus der jahrhundertealten Tradition protestantischer Kirchenmusik in Thüringen zu erinnern: Bauern und Handwerker musizierten als Adjuvanten (Gehilfen) der Kantoren bei Gottesdiensten und Festen. Die Adjuvantentage werden in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Kantoren, Chören, Ensembles, Künstlern und Vereinen vorbereitet. Alle Generationen können mitwirken und so die Musikkultur ihrer Vorfahren erkunden und aufleben lassen. 2024 steht der Universalgelehrte und Thomaskantor Sethus Calvisius (1556-1615) im Mittelpunkt. Höhepunkt ist ein Konzert mit dem Vokalensemble „amarcord“ und der Sopranistin Anja Pöche am 2. Juni um 18 Uhr in der Kirche St. Bonifatius in Gorsleben. Das Programm und weitere Informationen: https://adjuvantentage2024.de/.
Calvisius wurde am 21. Februar 1556 in Gorsleben in armen Verhältnissen geboren. In der Kirche erlebte er bereits als Junge Musik und erhielt beim Kantor seine erste musikalische Bildung. Später wurde er Universalgelehrter und von 1594 bis 1615 Leipziger Thomaskantor. Als Komponist, Humanist und Pädagoge prägte er Europas Musikgeschichte. „Das Publikum lernt seine Biografie kennen und darf seiner Musik lauschen: beim Schultheater zur Eröffnung, beim Workshop, beim Festgottesdienst, beim Forum mit allgemeinverständlichen Vorträgen und beim Festkonzert. Dabei öffnet die selten gehörte Musik einen Kosmos faszinierender Mehrstimmigkeit. Außerdem singen und musizieren die Adjuvanten von heute im Laufe der drei Tage in vielen kleineren Beiträgen“, kündigt Intendantin Prof. Helen Geyer an.
Die Adjuvantentage beginnen am 31. Mai um 17 Uhr in Gorsleben mit einem selbstverfassten Stück der Freien Gemeinschaftsschule „Armin Mueller-Stahl“ über Sethus Calvisius, dem Vortrag „Sethus Calvisius - Adjuvanten – Kosmopolit“ von Prof. Helen Geyer und Ausstellungs-Eröffnungen. Um 19 Uhr gibt es einen deftigen Adjuvantenschmaus wie im 16. Jahrhundert in der Kirche St. Bonifatius (Tickets nur im Vorverkauf).
Am Samstagvormittag lockt eine Adjuvanten-Orgel-Tour durch die Kirchen von
Hauteroda, Oberheldrungen und Etzleben mit lokalgeschichtlichen Informationen und Musik.
Am Nachmittag ist ein großes Kinderfest in Gorsleben im Park, unter anderem mit Instrumente basteln, Klänge erzeugen, Traktor-Fahrten, Hüpfburg und Karussell. In der Kirche findet mit Publikum der Gesangsworkshop „Proben wie bei Calvisius“ statt. Am Samstag und Sonntag sind Führungen, Vorträge und Ausstellungen geplant. Zur Serenade mit Musik und Vorträgen, Adjuvantenfest und Abendliedersingen wird am Samstagabend in Hemleben eingeladen.
Beim Festgottesdienst am Sonntag, 2. Juni, um 10 Uhr in der Kirche St. Bonifatius Gorsleben singt ein Chor der Kantoreien Artern-Wiehe und Bad Frankenhausen/Oldisleben geistliche Werke von Calvisius. Es spielt der Posaunenchor Oldisleben, Festpredigerin ist Ulrike Greim, Rundfunkbeauftragte der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Am Nachmittag öffnet der Bildhauer Timm Kregel sein Atelier und die Liedermacherin Friederike Teichert gastiert. Beim „Forum Thüringische Musikgeschichte“ im Bürgerhaus gibt es in Vorträgen Informationen zu Calvisius, den Adjuvanten und einem bisher unbekannten Bach-Schüler, der in Hauteroda Kantor war. Den Höhepunkt bildet das Festkonzert am Sonntag um 18 Uhr in der Kirche: Das Ensemble amarcord, erweitert durch einen Frauensopran, Zink, Posaune, Dulzian und Truhenorgel, wird in historischer Aufführungspraxis die Klangwelt von Sethus Calvisius und Zeitgenossen zu neuem Leben erwecken.
Die Kirchengemeinden gestalten die Adjuvantentage gemeinsam mit dem Landesmusikarchiv, dem Verein Academia Musicalis Thuringae und der Musikhochschule Weimar.
Hintergrund:
Die Thüringer Adjuvantentage wurden von dem Verein Academia Musicalis Thuringiae (Sitz in Weimar) im Jahr 2008 ins Leben gerufen. Hintergrund ist die europaweit wohl einzigartige reiche Musikkultur auf den Thüringer Dörfern des 16. bis 18. Jahrhunderts. Die Kantoren komponierten, kümmerten sich um das international aktuelle Repertoire und lehrten die Kinder Singen und Instrumentenspiel. So wuchs ein Großteil der Bevölkerung zu „Adjuvanten“ (lat. Adjuvare - helfen) heran, so dass Bauern und Handwerker neben ihrem Broterwerb in den Gottesdiensten und bei Festen musizierten. Das Repertoire kann man als Weltspitze bezeichnen: Kantaten, Motetten, Passionen und sogar Oratorien, unter anderem von Heinrich Schütz, Georg Philipp Telemann, Gottfried Heinrich Stölzel und Georg Anton Benda, wurden in hoher Qualität aufgeführt. Es bildeten sich mit der Zeit die sogenannten Adjuvantenchöre, aus denen die heutigen Gemeinde- und Kirchenchöre hervorgegangen sind.
Weitere Informationen im Internet: https://adjuvantentage2024.de/
Der Termin in Kürze:
31. Mai bis 2. Juni, Gorsleben, Hemleben, Hauteroda, Oberheldrungen und Etzleben
15. Thüringer Adjuvantentage
Höhepunkte:
Freitag, 31. Mai
17 Uhr, Bürgerhaus Gorsleben
Eröffnung mit einem Stück mit Musik zum Leben des Sethus Calvisius (IBKM Freie Gemeinschaftsschule Armin Mueller-Stahl, Heldrungen) und Vortrag „Sethus Calvisius - Adjuvanten – Kosmopolit“ von Prof. Helen Geyer sowie Eröffnung der Ausstellungen
19 Uhr, Kirche St. Bonifatius)
Adjuvantenschmaus (Tickets nur im Vorverkauf: Pfarrbüro Heldrungen, Tel. 034673-91349)
Sonntag, 2. Juni
10 Uhr, Gorsleben, Kirche St. Bonifatius
Festgottesdienst; der Chor der Kantoreien Artern-Wiehe und Bad Frankenhausen/Oldisleben singt geistliche Werke von Sethus Calvisius, es spielt der Posaunenchor Oldisleben; Festpredigerin ist Ulrike Greim, Rundfunkbeauftragte der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM)
18 Uhr, Kirche St. Bonifatius
Abschlusskonzert mit Werken um Sethus Calvisius mit dem Ensemble amarcord und Anja Pöche (Sopran)
(Tickets unter: www.ticketshop-thueringen.de oder an der Abendkasse)
Alle anderen Veranstaltungen: Eintritt frei
Autor:susanne sobko |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.