Allrounder im Auftrag des Herrn
Diakone: Berufsbild und Ausbildung haben sich verändert. Geblieben ist die doppelte Qualifikation für das geistliche und das diakonische Amt.
Von Eckart Behr
Oben auf dem Gerüst werkelte Diakon Georg Harpain ganz allein. Mit einer Malerbürste strich der Chef des Altenburger Magdalenenstifts dessen Außenfassade. Damals absolvierte ich als junger Diakonenschüler ein Sommerpraktikum im Kinderhospital und besuchte nach Dienstschluss meinen Vorbild-Diakon. Denn bereits als achtjähriger Schüler fuhr ich zu einer Kinderrüstzeit, die er mit zwei anderen Jugendwarten leitete. Und seitdem wollte ich Diakon werden.
Später wechselte Harpain von Altenburg als Ältester an das Johannes-Falk-Haus nach Eisenach. Dort lebt er heute im aktiven Ruhestand. Fassaden malert er nicht mehr, engagiert sich aber weiter für diakonisch-soziale Projekte. Eine ganze Generation Diakone war wie Harpain geprägt vom Allround-Einsatz in Gemeindedienst, Krankenpflege, Verwaltung, Behindertenarbeit oder Heimleitung. Je nach Eignung gestalteten sich die Einsatzgebiete durchlässiger als heute. So übernahmen Jugend- oder Gemeindediakone in späteren Berufsphasen häufig Referenten- oder Verwaltungsstellen, gingen in missionarische Dienste oder übernahmen Pfarrstellen.
Heute werden in Neinstedt und Eisenach berufsbegleitende Diakonenkurse angeboten, die auf bereits vorhandenen Ausbildungen und Berufsbiografien aufbauen. Eine solche doppelte Qualifikation eröffnet vielfältige berufliche Perspektiven in den Arbeitsfeldern von Kirche, Diakonie und freien Trägern. Oder genau andersrum: Aus prosperierenden diakonischen Arbeitsfeldern wird zunehmend Interesse an den Wurzeln der Diakonie signalisiert. Da werden nicht selten Bereichsleiterinnen, Sozialarbeiter, Geschäftsführer oder Erzieherinnen durch ihre Träger ermutigt, einen »D-Kurs« zu belegen. Denn eine kirchliche Sozialisation, gelebte Kirchenmitgliedschaft oder überzeugtes Glaubensleben ist bei Bewerbungen auf kirchlich-diakonische Stellen längst nicht mehr selbstverständlich. Hier eröffnet die »Diakonenausbildung im Beruf« eine völlig neue Perspektive.
Die theologische Profilierung und berufliche Weiterentwicklung der Diakone wird durch ihre jeweilige Gemeinschaft getragen. Das Diakonengesetz der EKM fixierte unlängst ein altes Prinzip neu: Diakone müssen einer Gemeinschaft angehören und an ihrem Leben teilnehmen. Dazu gehören Konvente, fachliche Weiterbildungen, geistliche Impulse oder gemeinsame soziale Projekte. Diese positiv gemeinte »Zwangsmitgliedschaft« in einer frei gewählten Diakoniegemeinschaft unterstreicht deren Rolle fürs Tragen und Getragenwerden. Übrigens ließen diese früheren »Brüderschaften« ihre männlich geprägte Geschichte, in der die Ehefrauen einfach mitgesendet wurden, längst hinter sich und öffneten sich auch für Diakoninnen.
Nicht mehr der Allrounder mit Malerbürste, Kochkittel, Rechenmaschine und Andachtsbuch ist heute in Stellenbeschreibungen gefragt. Nötig sind Diakoninnen und Diakone, die in ihren speziellen Berufsfeldern mit doppelter Qualifikation für geistlich-diakonische Profilierung sorgen. So lässt sich Diakon nicht einfach als ein Beruf beschreiben. Sondern als eine Berufung im Beruf, gesendet und eingesegnet durch Kirche und Gemeinschaft.
Der Autor ist Krankenpfleger, Sozialarbeiter und Diakon. Er leitet seit 1982 die evang. Rehabilitationsklinik in Bad Sulza. Außerdem ist er einer der beiden Ältesten (geistliche Leiter) der J.-Falk-Gemeinschaft Eisenach.
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