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Freitags vor 1
Alte Liebe neu entfacht

Glaube+Heimat 5/2021

Ich muss etwa zehn oder elf Jahre alt gewesen sein, als ich mit meinem Vater an einer organisierten Bustour durch Griechenland teilnahm. Es ging vom nördlichen Thessaloniki zu den Meteora-Klöstern in Thessalien - Sie wissen schon, dort, wo James Bond In tödlicher Mission am Felsen entlang kletterte. Unterwegs passierten wir von fern den Berg der Götter, den Olymp. Mit Blick auf den 2918 Meter hohen Gipfel fragte die Reiseleiterin durch das Bus-Mikrofon, ob die Anwesenden alle zwölf olympischen Götter aufzählen könne. 

Wer es nicht (mehr) weiß, hier noch einmal die besagte James Bond-Szene (Mit dem einzig wahren James Bond: Roger Moore - Anm.d.A.)

Die Reaktion auf die Frage im Bus war - wie erwartet - eher verhalten. Lediglich der kleine Paul-Philipp wusste (schon damals) seine Klappe nicht zu halten und legte los. Artemis, Zeus, Demeter, Hera...er brachte auf Anhieb alle Zwölfe zusammen, die Reiseleiterin zum Staunen und das Publikum zum Klatschen. 
Seine Begeisterung war aus einer Buchserie der Gebrüder Stefanides (hier zu finden) rund um Götter, Halbgötter und Menschen erwachsen und hatte den Jungen in ihren Bann gezogen. Ein Bann, dem er sich immer stärker widmete und der zeitweilig sogar im Studium eine nicht unerhebliche Rolle spielte. Denn die Gottheiten der Antike sind nicht nur spannend, sie sind vor allem nur allzu menschlich.

Doch wenngleich meine Bücherregale inzwischen mit Texten und Werken rund um die griechische Mythologie vollstehen, wenn auch Ilias und Odyssee in deutsch-griechischer Ausgabe ihren Platz gefunden haben und Gustav Schwabs Sagen des klassischen Altertums hübsch illustriert ins Wohnzimmer gucken, die Mythen als solche sind inzwischen ein wenig weit aus meinem Alltag verschwunden. Das mag zum einen daran liegen, dass ich mir selbst der Zeit immer mehr bewusst werde und in den Seminaren zur Antike vielleicht zu viel über sie erfahren habe. Zum anderen ändern sich Interessenlage, das ist bekannt, ganz nach Zeit und Kontext. 

Umso begeisterter bin ich dieser Tage, dass Arte die Mythen wieder einmal aufgegriffen hat. In hübsche Kurzfilme mit bildungsbürgerlichem Anspruch verpackt, stellen die Macher ihre ganze Komplexität und Faszination in der achtteiligen Serie Die großen Mythen  dar.  In 14 Episoden gelingt es so in einer spannende Mischung aus antiker, moderner oder klassizistischer Kunst und zurückhaltender Zeichentrick-Animation Einblicke in die unterhaltsame und abenteuerliche Welt der Götter zu erlangen. Es geht darum, dass Dionysos aus dem Oberschenkel des Zeus geboren wurde und wieso die Sisyphusarbeit eigentlich so heißt, was der Tartaros ist und weshalb Antigone zu Recht als die Urfigur des Leidens betrachtet wird. 
Und nicht selten leuchtet auch dem christlich-theologisch interessierten Zuschauer auf einmal die eine oder andere Praxis in einem neuen Licht. Die kleine Serie ist genau das, was sich für lange, dunkle Lockdownabende anbietet und was vielleicht nicht nur bei mir eine alte Liebe neu entfacht. 

Ansonsten bietet sich natürlich auch unsere Zeitung in diesen Tagen gut gegen Einsamkeit, Trauer und Langeweile an. In der aktuellen Ausgabe beschäftigen wir uns mit der Lage in der Pandemie. Unsere Autorin Beatrix Heinrichs fragt sich: Was kann, darf und Muss Seelsorge? Und verabschieden mit Wolfgang Teske den Vorstand der Diakonie Mitteldeutschland.

Doch auch darüber hinaus haben wir wieder viel zu bieten. Ich wünsche an dieser Stelle: Bleiben Sie gesund und gute Lektüre!

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Autor:

Paul-Philipp Braun

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