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Die Kinder von Buchenwald
"Das Gedenken darf niemals enden"

Emotionale Grußworte erinnerten an das Leid, das die Diktatur mit sich brachte. | Foto: Paul-Philipp Braun
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  • Emotionale Grußworte erinnerten an das Leid, das die Diktatur mit sich brachte.
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Am Sonntag feierte das Projekt "Gedenksteine Buchenwaldbahn" sein 15. Jubiläum. Seit 2007 recherchieren Freiwillige die Biografien jugendlicher Opfer, die vom Konzentrationslager auf dem Ettersberg per Todeszug nach Osten gebracht wurden.

Von Matthias Thüsing 

Plötzlich unterbricht ein herumliegender Papierschnipsel auf dem Weg seinen Redefluss. „Entschuldigung, ich kann nicht anders“, sagt Heiko Clajus, hebt den Müll auf und steckt ihn in die Tasche. Seit 15 Jahren pflegt der gelernte Umwelttechniker die Trasse der ehemaligen Buchenwaldbahn, schneidet Bäume frei, entfernt Brennnesseln und Unrat. Mehr als 2.000 Kinder und Jugendliche - Sinti, Roma und Juden - sind vom nahegelegenen Konzentrationslager Buchenwald nach September 1944 über diese Bahnstrecke nach Auschwitz und in die Außenlager deportiert worden, zumeist in den Tod. Seit 2007 legen Clajus und die anderen Mitglieder vom Geschichtsverein „Gerberstraße 1“ entlang der Strecke Gedenksteine mit den eingemeißelten Namen der Opfer ab. Am Sonntag feiert das Projekt das 15-jährige Bestehen.
Clajus ist mit schnellen Schritten auf dem Bahndamm unterwegs und erzählt von der Vorgeschichte. Er berichtet, wie er mit der französischen Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld Möhren geschnippelt hat. Beate und ihr Mann Serge Klarsfeld hätten 2002 eine große Wanderausstellung mit Schicksalen deportierter jüdischer Kinder auf französischen Bahnhöfen gezeigt. Clajus und die Aktivisten aus der Weimarer Hausbesetzerszene in der Gerberstraße 1 hatten ähnliches für Weimar geplant, scheiterten jedoch am „Nein“ der Deutschen Bahn. Erst mit der geborgten rollenden Ausstellung „Zug der Erinnerung“ und 2.000 Euro Streckenmiete gelang es den Hausbesetzern, einen Teil der Klarsfeld-Ausstellung dann doch noch in den Weimarer Bahnhof einfahren zu lassen: „Damals haben wir uns gefragt, ob auch Kinder über die Buchenwaldbahn in den Tod transportiert wurden.“
Clajus passiert auf seinem Weg Streckenkilometer 8,7. Die Ziffern im Beton sind verwittert. Die Gleise wurden schon in der 1950er Jahren in die Sowjetunion gebracht. Der Historiker des Vereins, Christian Molitor, hatte sich von der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora die Transportlisten der SS besorgt und gemeinsam mit der Gedenkstätte das Gedenk-Konzept für die bis vor 15 Jahren kaum beachtete Trasse entwickelt. In Workshops beschäftigen sich seitdem Interessierte mit den Biografien der Opfer. „Mal findet man wenig, manchmal aber auch überraschend viel zu der Person heraus“, sagt Clajus. Anschließend wird der Name des Opfers in einen Stein gemeißelt und dieser neben der Trasse abgelegt. „Wir holen die Kinder aus der Anonymität heraus“, sagt Clajus.
Bei Trassenkilometer 9,3 trifft Clajus auf Molitor und Matthias Müller. Dicht an dicht liegen hier inzwischen 316 Steine mit den Namen der jugendlichen Opfer. Die Farben der eingemeißelten Schrift variieren, die Schriftart ist immer die gleiche. Molitor und Müller betonieren eine Info-Tafel zu einem der größten Transporte vom 3. Oktober 1944 ein, die zum Jubiläum am Sonntag erstmals gezeigt wird. 111 Kinder, alle zu schwach für die Zwangsarbeit, wurden damals nach Auschwitz geschickt. Zu einzelnen Opfern recherchierten Jugendliche von der Aktion Sühnezeichen die Biografien und werden am Sonntag die Gedenksteine dazu ablegen.
Dass sich Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) nach der mutwilligen Fällung eines Dutzend von Erinnerungsbäumen entlang der Trasse zu der Jubiläumsfeier angekündigt hat, beeindruckt Clajus. Die Bäume gehören zu einem parallelen Gedenkprojekt entlang der „Buchenwaldbahn“. Am Sonntag werden die Teilnehmer auch hier Halt machen. „Die Schändung der Bäume macht mich wütend“, sagt Clajus.
Inzwischen ist er am letzten Gedenkstein bei Kilometer 9,8 angekommen. Zeit für einen Ausblick. „Wir wünschen uns, dass das Projekt noch lange Jahre fortgeführt wird“, sagt Clajus. Die Trasse müsse gepflegt, die Workshops organisiert werden. Die ganze Arbeit laste derzeit auf den Schultern von zwei, drei Leuten.
Die Zeiten änderten sich, sagt er: „Doch das Gedenken darf nicht enden.“

(epd)
Fotos: Paul-Philipp Braun für Glaube+Heimat

Autor:

Online-Redaktion

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