Der Reformation mehr Gewicht geben
Der Publizist Michael Inacker ist Vorsitzender der Internationalen Martin-Luther-Stiftung, die am Martinstag ihr zehnjähriges Bestehen feiert. Mit ihm sprach Benjamin Lassiwe.
Was hat die Stiftung bislang erreicht?
Inacker: Sie hat dem Gedanken der Reformation mehr Gewicht und Gesicht gegeben, auch außerhalb der kirchlichen Mauern. Für uns ist es wichtig, Luther aus einer kirchlich-theologischen Engführung zu befreien und deutlich zu machen, dass man den Bereich Wirtschaft nicht außen vor lassen kann. Die protestantische Arbeitsethik hat immer auch eine große Rolle gespielt beim Entstehen großer gesellschaftlicher Entwicklungen.
Wie groß ist das Interesse an Luther in Wirtschaft und Politik?
Inacker: Auffällig ist, dass nach wie vor ein gewisser Zusammenhang besteht zwischen protestantischer Prägung und unternehmerischer Aktivität. Es gibt nach wie vor sehr viele Unternehmerfamilien in Deutschland, die einen engen Bezug zu ihrem evangelischen Glauben haben.
Wird das von der Kirche hinreichend wahrgenommen?
Inacker: Die Luther-Stiftung hat sich von Anfang an zum Ziel gesetzt, Kirche und Wirtschaft neu ins Gespräch zu bringen. Teilweise sind in Kirchenkreisen arge Vorurteile, obwohl uns Luther gelehrt hat, dass Schuld, Versagen und Verantwortung immer individuell zu betrachten sind.
Wie bewerten Sie das Reformationsjubiläum?
Inacker: Ich halte es leider für eine vertane Chance, weil es der evangelischen Kirche und ihren Landeskirchen nicht wirklich gelungen ist, eine breite Öffentlichkeit herzustellen. Jeder Bundesligaspieltag bringt mehr Menschen in die Stadien.
Was kann und sollte in den nächsten Jahren passieren?
Inacker: Die Kirche sollte den Mut haben, ihre Selbstbezogenheit hinter sich zu lassen, und den Menschen Antwort auf die Fragen »Wie werde ich Christ?«, »Wie kann ich Christ bleiben?« und »Wie kann ich mich als Christ im Wettbewerb mit anderen Religionen behaupten und meine eigene Identität friedlich bewahren?« bieten.
Autor:Adrienne Uebbing |
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