(H)eilige Zeiten
Der Heilige Abend fällt in diesem Jahr auf einen Sonntag. Supermärkte und Discounter könnten wegen einer Sonderregelung dennoch öffnen. Wollen sie aber gar nicht.
Von Susann Winkel
Schuld waren die Wacholderbeeren. Ihretwegen begann der Heilige Abend für mich im vorigen Jahr mit einem eiligen Morgen, mit einer »Tour de Force« durch den finalen Festtags-Einkaufs-Trubel. Um 10 Uhr dann Entwarnung. Die kleine Edeka-
Filiale im Zentrum hatte die fehlende Zutat noch vorrätig, der ausgetüftelte Feiertagsspeiseplan war gerettet.
In diesem Jahr sollte ich meine Einkaufsliste bis zum 23. Dezember abgearbeitet haben. Der Heilige Abend fällt nämlich auf einen Sonntag. Ob die gut sortierte Edeka-Filiale dennoch öffnet – ungewiss. Aber durchaus möglich.In jenen Jahren, in denen der Heilige Abend auf den 4. Adventssonntag datiert, greift in Deutschland nämlich eine Sonderregelung aus dem Gesetz über den Ladenschluss.
Laut Paragraf 15 ist es bestimmten Geschäften dann erlaubt, bis spätestens 14 Uhr höchstens drei Stunden lang zu öffnen. Betroffen sind Verkaufsstellen, »die überwiegend Lebens- und Genussmittel feilhalten«. Außerdem Verkaufsstellen für Weihnachtsbäume sowie Geschäfte, die generell an Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen, wie etwa Bäckereien. Der 24. Dezember wird damit aber nicht zu einem verkaufsoffenen Sonntag erklärt. Deshalb bleiben die Türen von Spielwarenläden oder auch reinen Bekleidungsgeschäften zu. Sie fallen nicht unter die Regelung von Paragraf 15.
Doch auch viele Läden, die von der Sonntagsregelung profitieren, werden wohl nicht davon Gebrauch machen. So hat der Handelskonzern Aldi mitgeteilt, dass seine Filialen am 24. Dezember geschlossen bleiben. »Am Heiligabend denken wir hier vor allem an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach einer langen, intensiven Woche in Ruhe das Weihnachtsfest begehen sollen«, begründete der Discounter die Entscheidung.
Bei den rund 5 000 Einkaufsmärkten der Ketten Rewe und Penny bleiben die Filialmärkte ebenfalls geschlossen; die 1 200 von selbstständigen Kaufleuten geführten Märkte können hingegen öffnen. Das gilt auch für die Mehrzahl der privat geführten Märkte im Netz von Edeka. Hier entscheiden die Inhaber, ob sie die Gelegenheit einer letzten Öffnung vor den Feiertagen nutzen.
Wie lukrativ die Verkaufsstunden am Morgen des Heiligen Abends sind, wie attraktiv sie auch in Zukunft für Unternehmer bleiben, darüber entscheidet letztlich der Verbraucher. Und der sollte diesmal aus Rücksicht auf die Angestellten im Einzelhandel am 24. De-
zember auf Einkäufe verzichten, appellierte jetzt die Gewerkschaft Verdi.
In dem Aufruf klingt ein alle Jahre wieder Verwirrung stiftendes Missverständnis mit: Der Heilige Abend mag gefühlt ein Feiertag sein, gesetzlich ist er es aber nicht. Zur Erinnerung: Jene geweihte Nacht, in der das Christuskind geboren wird, beginnt erst am Abend des 24. Dezembers. Am Tag selbst gibt es streng genommen noch gar nichts zu feiern, auch wenn sich zeitige Familiengottesdienste und frühe Bescherungen logistisch bewährt haben mögen. Deshalb gilt am Heiligen Abend grundsätzlich Arbeitspflicht und für einige Arbeitnehmer auch dann, wenn dieser wie 2017 auf einen Sonntag fällt.
Wacholderbeeren habe ich übrigens bereits gekauft. Zur Vorsicht. Der eilige Morgen am Heiligen Abend mag gestattet sein – ein Vergnügen ist er nicht. Auch nicht für die Einkäufer.
Autor:Adrienne Uebbing |
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