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Das Hohelied der Liebe 

Ein besonderes Buch der Bibel

Von Elisabeth Birnbaum

Denn die ganze Welt wiegt den Tag nicht auf, da das Hohelied Israel gegeben wurde, denn alle Schriften sind heilig, aber das Hohelied ist hochheilig! So überschwänglich hat der frühjüdische Rabbiner Rabbi Aqiba das alttestamentliche Hohelied bewertet. Kein anderes Buch des Alten Testaments wurde so häufig kommentiert und ausgelegt wie dieses. Und bei kaum einem anderen biblischen Buch gehen die Interpretationen so weit auseinander.
Das erotischste aller biblischen Bücher gibt Rätsel auf und konfrontiert die Lesenden mit zentralen und sehr persönlichen Fragen, wie den Fragen nach dem Verhältnis von Erotik und Glaube, Sexualität und Spiritualität, von zwischenmenschlicher Liebe und der Liebe zu Gott. Was macht ein Buch mit erotischen Liebesliedern in der Bibel? Wie passen Sexualität und Spiritualität zusammen?
In christlichen Bibeln steht das Buch im dritten Kanonteil des Alten Testaments unter den »Büchern der Weisheit und der Psalmen«. Im jüdischen Kanon findet es sich in den »Schriften« (ketuvim) und da unter den fünf Festrollen (megillot), die zu den zentralen jüdischen Festen rezitiert werden. Das Hohelied wird zu Pessach gelesen, dem Fest, an dem der Auszug Israels aus Ägypten als Zeugnis der Liebe Gottes zu seinem Volk gefeiert wird.
In der christlichen Liturgie spielt das Hohelied heutzutage keine große Rolle. Doch zeugen Kirchenkompositionen quer durch alle Jahrhunderte von der hohen Wertschätzung, die man dem Buch auch liturgisch entgegengebracht hat. Vor allem in der Marienverehrung entstand eine Vielzahl an Vertonungen von Hoheliedtexten, etwa »Tota pulchra es« (»Ganz schön bist du«), »Mein Freund ist mein« oder »Osculetur« (»Er küsse mich«).
Das Hohelied ist Dichtung, Poesie. Bereits die Überschrift weist darauf hin. Dort steht im Hebräischen Schir ha-Schirim, also »Lied der Lieder«. Gemeint ist damit ein Superlativ im Sinne von: »das schönste, beste, hervorragendste Lied«. Zugeschrieben ist es durch die Überschrift dem biblischen König Salomo (Hohelied 1,1). Die Formulierung »ascher liSchlomo« ist ungewöhnlich, wörtlich übersetzt heißt sie: »welches ist von/für/bezogen auf Salomo«.
Eine Verfasserangabe in unserem modernen Sinn ist damit nicht gemeint. Es geht mehr um eine inhaltliche Verknüpfung des Textes mit dem großen König der Vorzeit. Neben dem Hohelied sind das Buch der Sprichwörter (Sprüche) und – indirekt – auch Prediger (Kohelet) Salomo zugeschrieben, im katholischen Kanon noch das Buch der Weisheit. Doch anders als in diesen Büchern spricht im Hohelied nach der Überschrift nicht Salomo, sondern eine Frau.
Zugeschrieben wurde Salomo das Hohelied wohl, weil er als Dichter von 1 005 Liedern (1. Könige 5,12) bekannt war. Im 3. Jahrhundert vor Christus, also in der vermuteten Endredaktion oder Entstehungszeit des Hoheliedes, war dieser König anscheinend eine populäre Gestalt: Sowohl die Bücher der Chronik als auch die Prediger befassen sich eingehend mit ihm, und später wird noch Jesus Sirach und das Buch der Weisheit auf ihn Bezug nehmen.
Der Name »Hoheslied« stammt erst von Martin Luther, der das Buch damit in die Nähe von 1. Korinther 13, dem sogenannten »Hohelied der Liebe« im Neuen Testament, stellt.

Autor:

Online-Redaktion

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