Nach dem Spiel ist vor dem Spiel
ABSCHIED VON WEIHNACHTEN
Es war schon immer so, dass ich mich nur schwer von Weihnachten trennen konnte. Am liebsten war es mir,
wenn Ostern im Kirchenjahr spät lag, und die Epiphanias-Zeit entsprechend ausgedehnt wurde. Als wir noch
Kinder waren, fiel am 27. Dezember in unserer Familie alle vorherige Anspannung von uns ab. Das Krippenspiel war wieder sehr gelungen gewesen, Vater hatte seine Weihnachtspredigten gehalten, wir freuten uns über die Geschenke vom Heiligen Abend, und nun kam Mutters Geburtstag am 28. Dezember, dem "Tag der unschuldi-gen Kindlein", der an den Kindermord von Bethlehem erinnert.
Aber Mutters Geburtstag war dennoch ein besonders froher Festtag, denn sie setzte sich nach dem Ständchen am Morgen, das immer einen festen Ritus hatte (mit "Lobet den Herren alle, die ihn ehren" 1., 6. und 7. Strophe
und dem Kanon "Wir kommen all' und gratulieren und wünschen dir viel Glück und Segen".), ans Klavier , und wir sangen lautstark und froh den "Quempas" von vorn bis hinten durch. Das war schön und bleibt unverges-sen! Manche entsorgen ihren Christbaum schon am 2. Feiertag. Im Haus der Kindheit blieb er bis Epiphanias, dem 6. Januar, auch Drei-Königs-Tag genannt. Bei uns bleibt alles bis zum Samstag nach dem letzten Sonntag nach Epiphanias. Bis dahin steht der Baum in vollem Schmuck, auch wenn er manches Jahr mächtig nadelt. Bis
dahin dreht sich die Pyramide aus dem Erzgebirge, die über in Minden in Westfalen den Weg zu uns gefunden hatte, weil sie im Osten nicht zu kaufen war. Bis dahin hängt der Herrnhuter Stern (rot) von der Decke, dem die Spuren der Jahre deutlich anzusehen sind. Die beiden Krippen werden nur noch selten aus dem Keller in die Wohnung geholt, weil der Platz fehlt.
Und jedes Jahr denke ich: "Nun muss aber mal ein neuer Stern her!" Doch dann ist die Adventszeit schon wie-der nahe herbei gekommen, und ich sage mir: "Na, ein Jahr geht er noch!" Aber irgendwann ist jedes Fest zu
Ende. Der Baum kommt zerkleinert in die Tonne, und die Weihnachts-Deko schweren Herzens wieder in den Keller. Aber mit Weihnachten ist es wie mit dem Fußball: "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!" Also. Nach Weihnachten ist vor Weihnachten! Das tröstet mich. Und vielleicht wird aus dem alten Herrnhuter Stern ja doch einmal ein neuer!?
Autor:Martin Steiger |
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