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Multimediale Ausstellung
Erlebnisort: Bach in Weimar

Zeitreise: Tintenzeichnungen geben Einblick in das Leben und Wirken des Komponisten. Moderne Technik ermöglicht den Besuchern aber auch, interaktiv mitzuspielen.  | Foto: Thomas Müller
  • Zeitreise: Tintenzeichnungen geben Einblick in das Leben und Wirken des Komponisten. Moderne Technik ermöglicht den Besuchern aber auch, interaktiv mitzuspielen.
  • Foto: Thomas Müller
  • hochgeladen von Michael von Hintzenstern

Dass Goethe und Schiller in Weimar wirkten und hier das Bauhaus gegründet wurde, ist allgegenwärtig. Weniger bekannt ist, dass hier Johann Sebastian Bach fast zehn Lebensjahre verbrachte.
Mit dem neu geschaffenen Erlebnisort „Bach in Weimar“ gibt es jetzt eine multimediale Ausstellung, die über die Tätigkeitsfelder des Komponisten in der Stadt informiert. Er war dort in jungen Jahren gleich zwei Mal am fürstlichen Hof angestellt. Weilte er 1703 für nur sechs Monate als Lakai und Musiker in der Kapelle des Herzogs Johann Ernst von Sachsen-Weimar, stieg er hier in den Jahren von 1708 bis 1717 vom Kammermusiker und Hoforganisten zum Konzertmeister auf. Das erhoffte Amt des Hofkapellmeisters blieb ihm aber versagt.
Die audiovisuelle Präsentation ist ein erster Schritt, das bisher eher vernachlässigte "Ensemble Bastille", bestehend aus Torhaus, Schlossturm und Hofdamenhaus, zu neuem Leben zu erwecken. Diese Gebäude haben als einziger Teil des Schlosses alle Brände in Mittelalter und Neuzeit überdauert. In der dortigen Landrichterstube war J. S. Bach vom 6. November bis 2. Dezember 1717 eingesperrt, nachdem er sich ohne Zustimmung seines Arbeitgebers um die Hofkapellmeisterstelle in Köthen beworben hatte. Bachs hitzigem Temperament ist es vermutlich zuzuschreiben, dass er hier vom Herzog Wilhelm Ernst durch eine einmonatige Arretierung zur Raison gebracht werden sollte.
Die neue Exposition in den Räumen der Bastille, die von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten zur Verfügung gestellt werden, bietet die Möglichkeit, auf verschiedenen Informationsebenen Bachs Weimarer Zeit zu erfassen. Dazu dienen eine raumgreifende Wandgrafik, ein Bildschirm sowie illustrierte Texttafeln. Das Gesamtensemble umrundet ein Wandpanorama, das den Blick auf authentische Bach-Stätten in Weimar ermöglicht, darunter Bachs ehemaliges Wohnhaus am Markt 16 oder sein Arbeitsplatz im Stadtschloss mitsamt der seit 1774 zerstörten Schlosskapelle „Himmelsburg“. Leider steht das Gebäude nicht mehr, in dem die Familie des Komponisten lebte. Dort befindet sich heute der Parkplatz des am Markt gelegenen Hotels "Elephant". Seit 2006 streitet der Verein "Bach in Weimar" dafür, auf den noch original erhaltenen Kellern das Bach-Haus wiedererstehen zu lassen. Da Kultur Ländersache ist, stieß Flöten-Professorin Myriam Eichberger mit ihrer von vielen Tausend Menschen unterzeichneten Petition bei Kulturstaatsministerin Monika Grütters jedoch auf Granit.
Nun gibt es wenigstens einen symbolischen Gedächtnisort. Mit Tintenzeichnungen werden die Besucher in die damalige Zeit versetzt.
Interagieren sie mit der installierten Technik, verändert sich die Musik, und die Illustrationen erwachen zum Leben.
In seiner zweiten Weimarer Periode komponierte Bach einen Großteil seines Orgelwerkes. Mit der Ernennung zum Konzertmeister im Jahre 1714 begann zudem ein reiches Kantatenschaffen, das zugleich auch eine wichtige Basis für seine spätere Leipziger Zeit als Thomaskantor bildete. In Weimar entstanden so über 30 Kantaten, zahlreiche Werke für Cembalo solo (darunter z. B. die „Chromatische Fantasie und Fuge“, aber auch Frühfassungen der Brandenburgischen Konzerte sowie Teile der epochemachenden Partiten für Violine solo (mit der bekannten „Chaconne“ d-Moll).
Zu letzteren inspirierte ihn mit Sicherheit auch die Freundschaft mit Paul von Westhoff, einem der bekannten Geiger seiner Zeit, der dasselbe Haus bewohnt hatte, in dem Bach 1708 einzog. Wir dürfen vermuten, dass der junge Bach sein Violinspiel bei ihm perfektionierte und zu neuen, experimentellen Spieltechniken auf der Violine anregt wurde.
Im Schlossturm hängt das einzige vollständig erhaltene Geläut des Er-furter Glockengießers Nicolaus Jonas Sorber, das in den Jahren 1712/1713 im Auftrag des Herzogs Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar gegossen wurde. Es besteht aus fünf Glocken, welche mit reicher Glockenzier versehen sind. Sie wurden zusammen mit den drei für die Jakobskirche bestimmten Glocken in vier Etappen gegossen. Am Heiligabend 1713 erklangen sie erstmals.
Da der Schlossturm das mächtige Geläut anfänglich nicht tragen konnte, wurde es von 1713 bis 1728 in einem hölzernen Glockenhaus im Schlosshof aufgehängt. Bach hat die Glocken also nicht nur gehört, sondern auch gesehen! In der DDR erklang das "weltliche Geläut" zu Staatsfeiertagen, wie dem 1. Mai oder 7. Oktober. Das ist insofern kurios, da auf einer der Glocken das Motto des Weimarer Fürstenhauses steht: "Omnia cum Deo et nihil sine eo" ("Alles mit Gott, nichts ohne ihn").
„Unterschiedlichste Zielgruppen sollen erreicht werden: Bach-Kenner, Zufallspassanten, Neugierige – die Inszenierung ist daher auf eine breite Zielgruppe ausgerichtet. Verschiedene Einstiegspunkte und Erzählebenen nehmen Rücksicht auf den jeweiligen Wissensstand. Dabei funktioniert die neue Inszenierung als Individualerlebnis, ergänzt allerdings auch die Gruppenangebote der Tourist Information Weimar“, freut sich Ulrike Köppel, Geschäftsführerin der weimar GmbH. Im Freistaat wurde für 2020 der Themenschwerpunkt "Musikland Thüringen" gewählt.
Michael von Hintzenstern

Bastille des Stadtschlosses: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei!

Autor:

Michael von Hintzenstern

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