Der Komponist Dmitri Schostakowitsch
LANGE JAHRE LEBTE ER IN TODESANGST

Eigentlich sollte er mit Vornamen Jaroslaw heißen. Doch der Pope, der zur Taufe gebeten 
worden war, hatte etwas dagegen: der Name sei zu selten; der Junge würde gehänselt werden.
Sie sollten Dmitri nehmen, einen Allerwelts-Vornamen, den schon der Vater hatte. So wurde er
Dmitri Dmitrijewitsch, und dabei blieb es. Er war ein zarter Junge von angegriffener Gesundheit.
Er hatte eine Lungen- und Lymphdrüsen-Tuberkulose, die ihn sein ganzes Leben beeinträchtigte.
Aber er war musikalisch, mit einem absoluten Gehör begnadet, und er hatte Förderer. Zuerst
seine Mutter, die russische Pianistin Sofia Kokulina, die ihm Klavier-Unterricht erteilte. Aber auch
den Marschall Tuchatschewski, Rußlands berühmten Militärstrategen. Der aber verlor eines Tages
Stalins Duldung und wurde mit anderen hohen Militärs liquidiert.

Schostakowitsch wurde am 25.09.1906 in St. Petersburg geboren und ist am 09.08.1975 in Moskau verstorben. Er gilt als einer der großen russischen (sowjetischen) Komponisten des 20. Jahrhunderts,
neben  seinen jüngeren Zeitgenossen Igor Strawinski, Sergei Prokofiew, Sergei Rachmaninow u.a. Er stu-
dierte von 1919-1924 Klavier und Komposition am Konservatorium in Petrograd. (Der Name der Stadt
war seit seiner Gründung 1703: St. Petersburg; seit 1914: Petrograd; seit Lenins Tod 1924: Leningrad;
und seit 1991 wieder St. Petersburg nach dem Stadtheiligen Petrus.) Mit seiner 1. Sinfonie in f-Moll, am
12.05.1926 in Leningrad uraufgeführt, schloss Schostakowitsch sein Studium ab. Sie war ein großer Erfolg,
der ihn weltbekannt machte. Alexander Glasunow, der Direktor des Konservatoriums schrieb dazu:
"Ich finde seine Musik schrecklich... Es ist das erste Mal, dass ich die Musik nicht höre, wenn ich die
Partitur lese... Aber die Zukunft gehört nicht mir, sondern diesem Jungen." Dessen Kompositionen:
15 Sinfonien, mehrere Instrumental-Konzerte, Opern, Film-Musiken, 15 Streichquartette u.a. Sein
erstes Klaviertrio widmete er einer Freundin. Das 1.Klavierkonzert wurde 1936 in Archangelsk ur-
aufgeführt. Und so kam ein Werk zum anderen. Stalin, der große Despot und Massenmörder, den seine
Verehrer liebevoll "Väterchen Stalin" nannten, wusste nicht, ob er den Komponisten lieben oder liqui-
dieren sollte. Als Stalin mitteilte, dass er Schostakowitschs 2. Oper, "Lady Macbeth von Mzensk", am
26.01.1936 zu erleben gedenke, weil die Oper auch im Ausland Beifall bekam (Sie hatte in Moskau und
Leningrad 200 Aufführungen!), und den Komponisten anwies, anwesend zu sein, da verließ Stalin mit
seiner Begleitung nach dem 3. Akt die Regierungsloge. Das hatte mit der Sitzordnung der Musiker im Orchestergraben zu tun. Die Blechbläser und das gesamte Schlagzeug saßen direkt unter der Regie-
rungsloge. Und als die Bläser gegen alle Notierung  im Zwischenspiel vor Katerinas Hochzeit lauter
und lauter wurden, entwickelte sich ein Höllenlärm, so dass es zu Stalins Affront kam . Seine Einschät-
zung: "Chaos statt Musik!" Das kam einem Todesurteil gleich! Im Mittelalter verschickten die Päpste
Bann-Androhung und Bann; die Kaiser verhängten die Reichsacht. Stalin verließ sich auf seine Schergen
und auf auf die Angst der Bedrohten. Schostakowitsch fürchtete nicht nur um sein eigenes Leben; er
hatte auch Angst um das Leben seiner Familie. Das führte auf der einen Seite dazu, dass er zeitweise nur
noch in voller Montur im Bett lag, immer einen "Notfallkoffer" neben sich; oder ganze Nächte neben dem
Fahrstuhl verbrachte in Erwartung seiner Verhaftung. Auf der anderen Seite führte es dazu, dass er sich dem
Regime andiente und öffentlich Sätze sagte, die er selbst nicht glaubte. Seine 2. Sinfonie in H-Dur, ein Auftragswerke zum 10. Jahrestag der Oktoberrevolution, hieß "An den Oktober". Als bekannteste Sin-
fonie von Schostakowitsch gilt die 7., die sogenannte "Leningrader", geschrieben zur Zeit der Belagerung Leningrads durch deutsche Truppen. Der Komponist erhielt dafür den Stalin-Preis und konnte sich danach etwas sicherer fühlen. Doch wirklich sicher war er erst nach dem Tode Stalins am 5. März 1953. Der verstarb nach einem Trinkgelage mit Beria, Bulganin, Chruschtschow und Malenkow an einem Schlaganfall auf seiner Datsche in der Nähe von Moskau. (So steht es bei Wikipedia.). 

Nach Stalins Tod erfuhr Schostakowitsch nach langsam wieder mehr Anerkennung. Das hing auch mit der
Anerkennung zusammen, die er im Ausland erfuhr: Dr. h.c. von der Uni Oxford, Dr. h.c. von der Uni Vanston;
diverse Orden, Ehrenzeichen, Medaillen, Auszeichnungen und Staatspreise wie den hoch dotierten Sibe-
lius-Preis in Finnland. Darüber hinaus wurde er mit anderen Komponisten (Chatschaturian und Prokofjef)
rehabilitiert. Er erhielt Professuren in Moskau und Leningrad, die ihm endlich finanzielle Unabhängigkeit
garantierten. Seine Werke durften wieder aufgeführt werden. Er wurde in die KPdSU aufgenommen, was
ihn sehr belastet haben soll.  Dem Regime gegenüber verhielt er sich aber weiter loyal und war auch Sekretär
des Komponisten-Verbandes der UdSSR.

In den letzten Lebensjahren häuften sich Erkrankungen, die mit Krankenhaus-Aufenthalten und Kuren ver-
bunden waren (Zu seiner Grunderkrankung kam eine chronische Rückenmarks-Entzündung, eine Lähmung
der rechten Hand, zwei Herzinfarkte und ein Beinbruch, der seine Bewegungsfähigkeit bleibend einschränkte.
Zu den letzten Werken gehören die "Sieben Romanzen" für Sopran, Violine, Cello und Klavier sowie die Sin-fonien 14 und 15, wobei die 15. Sinfonie  unter Leitung seines Sohnes Maxim Schostakowitsch im Große Saal
des Moskauer Konservatoriums zur Uraufführung kam. Das letzte vollendete Werk war die Sonate für Viola und Klavier (Op. 147) von 1975.
Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch starb am 09. August 1975 an seinem dritten Herzinfarkt. Er liegt be-
graben auf dem Nowodewitschi-Friedhof von Moskau. Mit ihm ging ein ganz Großer der Musikgeschichte von
dieser Welt. Er ruhe ohne Angst, in Frieden!

Autor:

Martin Steiger

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