Ohne sie wären wir verloren gewesen
UNSERE TANTE HANNELORE
Sie hat unsere Kinder betreut und großgezogen. Sie hat über Jahrzehnte für uns gekocht, gebügelt, gereinigt und aufgeräumt. Ohne sie wären wir verloren gewesen. Sie war treu, verlässlich und kaum krank. Unsere Kinder waren ihre Kinder, und die lieben sie bis zum heutigen Tage, vor allem die Großen: Susanne und Lorenz.
In Bad Berka war es für sie und uns am einfachsten. Als wir nach Blankenhain gezogen waren, kam sie mit dem Bus. Es waren ja bloß sechs Kilometer zu fahren. Nach Oldisleben war es deutlich weiter. Sie fuhr montags mit dem Bus nach Weimar. Stieg um in den Bus nach Kölleda. Fuhr dann bis Bahnhof Heldrungen, und dort holte ich sie mit dem PKW ab. Sie bleib bei uns über Nacht, und wenn wir am Dienstag zur Probe des Blankenhainer Musikzierkreises nach Bad Berka fuhren , nahmen wir sie wieder mit, wo Onkel Kurt, ihr Mann, schon auf sie
wartete. Das ging so bis zu ihrer Rente. Es war eine schöne Zeit. Und wie gesagt, es wäre nicht ohne sie gegangen!
Die Geschichte, die ich erzählen will, hat sich in Oldisleben ereignet. Susanne war nicht in Eisenach, wo sie die EOS besuchte. Es müssen also Ferien gewesen sein. Lorenz war sicher auch dabei, denn er war noch Schüler der POS Oldisleben. Für ihn war unser Orts- und Stellenwechsel, wie er noch heute betont, ein Glückumstand. Denn in Blankenhain war er als Pfarrerssohn von Kindern irgendwelcher "roten Socken" regelmäßig verprügelt worden, wovon ich nichts wusste. Sonst hätte ich etwas unternommen. Wir saßen also im Wohnzimmer, haben
erzählt und gespielt. Und aus der Küche drang der wunderbare Geruch eines Gulasch herüber, das Tante für
das nächste Mittagessen vorbereitete, und nachdem sie immer einmal schaute. Wir haben solange auf Tante eingeredet, bis sie bereit war, uns das Gulasch kosten zu lassen. Jeder hatte eine Gabel und fuhr damit in den Topf. Auch Tante probierte mit und ließ sich unser Lob gefallen. Es schmeckte himmlisch! Und ehe sie sich's versah, war das Gulasch zur Hälfte aufgegessen. Das lohnte ja nun auch nicht mehr! Ich sehe noch, wie sich Tantes Gesicht verfinsterte, als sie merkte, dass da nichts mehr zu retten war. So gab es am nächsten Tag etwas
Einfaches: Puffer oder Eierkuchen mit Apfelmuss. Doch auch die schmeckten köstlich.
Verzeih unsere Gier, liebe Tante Hannelore! Es schmeckte eben zu gut!
Autor:Martin Steiger |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.