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«Haus Am Horn» in Weimar
Vom Ladenhüter zum Weltkulturerbe

Das "Haus Am Horn" (Foto) ist die einzige Architektur, die das Bauhaus in Weimar realisiert hat (Foto vom 01.04.2019). Es wurde 1923 als Versuchshaus zur Bauhaus-Ausstellung errichtet. 
 | Foto: epd-bild/Maik Schuck
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  • Das "Haus Am Horn" (Foto) ist die einzige Architektur, die das Bauhaus in Weimar realisiert hat (Foto vom 01.04.2019). Es wurde 1923 als Versuchshaus zur Bauhaus-Ausstellung errichtet.
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Die Nachbarschaft skeptisch, das Pressecho geteilt und Ablehnung in Teilen der Landespolitik: Das Weimarer «Haus Am Horn» brach am 15. August 1923 in die Moderne auf.

Von Matthias Thüsing (epd)

«Weihnachtsgeschenk. Villa in Weimar. Preiswert zu verkaufen»: Die Annonce vom 19. Dezember 1923 im «Berliner Tageblatt und Handelszeitung» ist ein Zeugnis des Scheiterns. Der Inserent und Eigentümer der Villa, Adolf Sommerfeld (1886-1964), hatte das heute international bekannte «Haus Am Horn» nach den Plänen von Georg Muche (1895-1987) für die große Bauhaus-Ausstellung 1923 in der Hoffnung auf einen profitablen Wiederverkauf erbauen lassen. Doch für den Investor wurde der architektonische Aufbruch in die Moderne ein Minusgeschäft. Ein Interessent fand sich erst im Herbst 1924. Am 15. August 1923, vor 100 Jahren, öffnete das Haus als Teil der ersten öffentlichen Ausstellung der Bauhaus-Kunstschule seine Türen.

Das «Haus Am Horn» hatte es anfangs schwer in Weimar. Schon seit der Übernahme des Geländes durch das Bauhaus 1919 lehnte die Nachbarschaft der gutbürgerlichen Wohngegend «Am Horn» die nonkonformistisch auftretende Studentenschaft mit ihren unkonventionellen Lehrkonzepten, den Partys und dem nächtlichen Nacktbaden in der Ilm ab. Zunächst baute das Bauhaus hier - oberhalb des historischen Ilmparks - Gemüse an. Zielstellung war jedoch von Beginn an, der Bau einer Siedlung für Angehörige und Freunde der 1919 gegründeten Schule.

Erste Pläne sorgten für einen Sturm der Entrüstung. So hat sich im Hauptstaatsarchiv Weimar eine Eingabe von Anliegern von 1920 mit der Befürchtung erhalten, «dass das sattsam bekannte Auftreten dieser Schüler den Zustand der Parks in bedenklicher Weise gefährdet». Unter anderem an diesen Vorbehalten - mehr noch aber an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen - scheiterte damals der Bau einer kompletten Siedlung, die Bauhaus-Chef Walther Gropius (1883-1969) vorschwebte. Der frühe Entwurf entstand aus einem studentischen Wettbewerb und stammte vom späteren Maler Walter Determann (1889-1960). Er sah eine ummauerte Anlage mit Holzhäusern und Türmen an den Seiten vor.

In einem weiteren Anlauf entschied 1922 Georg Muche einen zweiten Wettbewerb für sich und sein heute bekanntes «Haus Am Horn». «Ablehnende Eingaben sind mir nicht bekannt», sagt Ute Ackermann, Kustodin Bauhaus und Moderne bei der Klassik Stiftung Weimar. Das habe möglicherweise auch daran gelegen, dass das «Haus Am Horn» nicht länger als Siedlung, sondern zunächst nur als Musterhaus geplant war. Auch lag der Baugrund ganz am Ende der Straße weit weg von den nächstgelegenen, im traditionellen Villenstil errichteten Gebäuden.

Zudem sei das Siedlungsprojekt ab 1922 ungewollt in den Mittelpunkt innenpolitischer Auseinandersetzungen im Land Thüringen gerückt, sagt Ackermann. In der Weimarer Republik galt das Bauhaus als «links». Die politische Rechte lehnte es ab. Den drohenden Verlust ihrer Landtagsmehrheit vor Augen, bedeutete die Regierung des Sozialdemokraten August Frölich (1877-1966), das mit Landesgeldern alimentierte Bauhaus möge 1923 Ergebnisse präsentieren - eben in Form der Bauhaus-Ausstellung.

Die Baugenehmigung der Stadt Weimar ging nach Aktenlage glatt durch. Geliebt haben die meisten Weimarer den Bungalow dennoch nicht. Auch die Presse urteilte geteilt. Der Bau wirke wie eine «Nordpolstation» oder sei ein «Haus für Marsmenschen», hieß es. «Das Haus ist als Haus vollkommen missglückt», urteilte das «Berliner Tageblatt». Und die «Jenaische Zeitung» rückte den Entwurf ästhetisch in die Nähe einer öffentlichen Bedürfnisanstalt. Andere Zeitungen lobten hingegen die «Einfachheit und Geradlinigkeit» oder die «sparsame Bauweise», die durch die «Änderung unserer Lebensformen» notwendig sei.

Am Ende konnte das Haus das Bauhaus in Weimar nicht retten. 1924 wechselte die Thüringer Regierung zu Richard Leutheußer (1886-1945) von der Deutschen Volkspartei. Dem Bauhaus wurden trotz einer insgesamt überzeugenden Ausstellung die Mittel um die Hälfte gekürzt. Es hatte im Weimar keine Zukunft mehr.

«Vielleicht ist das Bauhaus in Weimar eine grandiose, Jahrhunderte hinausreichende Vorahnung», resümierte Franz Wichert zum Ausstellungsende im Oktober 1923 in der «Frankfurter Zeitung». Er behielt recht. Seit 1998 gehört das «Haus Am Horn» zum Weltkulturerbe.

Das "Haus Am Horn" (Foto) ist die einzige Architektur, die das Bauhaus in Weimar realisiert hat (Foto vom 01.04.2019). Es wurde 1923 als Versuchshaus zur Bauhaus-Ausstellung errichtet. 
 | Foto: epd-bild/Maik Schuck
Detailaufnahme mit Licht und Schatten | Foto: epd-bild/Maik Schuck
Autor:

Katja Schmidtke

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