Wenn Musik den Glauben trägt
Jubiläum: Saalfelder Vocalisten feiern 30-jähriges Bestehen
Von Ulrike Greim
Ein sommerlich-lauer Sonntagnachmittag. In einer kleinen Dorfkirche im Saaletal singen die Saalfelder Vocalisten geistliche Lieder. Es ist andächtig still. Dann kommt der Applaus – und die Ansage: Teil zwei des Konzertes gibt es im Nachbardorf. Es ist nicht ganz üblich, bei Nachbars in die Kirche zu gehen, wenn man doch selber eine hat. Aber jetzt, wo die Gemeinden zusammengelegt werden, da muss man wohl. Nach Kaffee und Kuchen wandert die ganze Gemeinde weiter zur nächsten Kirche. Die Vocalisten gehen voran, sie locken ihre Konzertgemeinde von einem Dorf ins nächste und von einer Kirche in die andere. Ach guck, die ist auch schön. Die Vocalisten sind ein gutes Zugpferd für die Gemeindearbeit, weiß die Pastorin. Und die acht Männer lassen sich gerne einspannen. Kleine Konzerte in kleinen Dorfkirchen – das ist völlig in Ordnung und hat auch etwas mit Heimat zu tun und mit ihrem Selbstverständnis. Sie sind – obwohl kein Kirchenchor – aktive Christen. Das wiederum kommt auch von der Musik. »Wenn es nicht so schöne Kirchenmusik gäbe – ich weiß nicht, ob ich an das Evangelium glauben könnte«, sagt Arnulf Heyn, der Blumenhändler. »Ich werde durch die Musik im Glauben getragen.«
Begonnen haben die Vocalisten bei den Thüringer Sängerknaben. Die strenge Schule von Walter Schönheit hat sie geprägt, später von Michael Schönheit. Mit Matrosenkrägelchen standen sie als Achtjährige schon auf der Empore der Johanniskirche in Saalfeld und sangen Motetten und Oratorien und in unzähligen Gottesdiensten. »Da gehen einem die gottesdienstlichen Abläufe in Fleisch und Blut über.«
Konzerte, Chorreisen – die Kirchen wurden eine zweite Heimat. »Und wenn dann die Morgensonne durch die Bleiglasfenster hereinscheint, geht mir das Herz auf«, erinnert sich Stefan Matz. »Da spüre ich die Religion.« Er ist Diplomkaufmann und bewertet Immobilien. Es sei der größte Lohn, die Zuhörenden mitzunehmen, sodass sie am Ende still und berührt aus der Kirche gehen.
Begonnen haben die acht Männer mit Trinkliedern in Kneipen und für Freibier. Dann wurden die Bühnen größer – vom Kulturhaus Rudolstadt-Schwarza bis ins ZDF und von Thüringen aus ging es bis in die USA, nach Japan und Südafrika. Hauptsächlich geistliches Liedgut von Bach bis Biller ist in ihrem Repertoire, aber auch Stücke von den Comedian Harmonists. Drei CDs haben sie eingespielt, eine DVD dokumentiert ihre Japanreise.
Nun sind sie seit 30 Jahren ein Team. »Wenn einer denken würde, er könne seinen Schädel durchsetzen, wären wir nicht mehr zusammen.«
Einmal saß der Kloß im Hals. Das war bei der Beerdigung ihres Chorbruders Bertram. Trotzdem haben sie gestanden und gesungen und sich hinterher in den Armen gelegen. Jesum bleibet meine Freude.
Singen wollen sie noch lange, sagt Henrik Pfeiffer, der Schornsteinfegermeister. Nur die Qualitätslatte bleibt hoch. »Wenn wir schlechter werden, ist irgendwann Schluss. Hoffentlich noch lange nicht.«
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