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Abweichung erwünscht

Martin Olejnicki, Pfarrer für Kleinpaschleben, Trinum und Frenz | Foto: privat

Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet?
Matthäus 21, Vers 16 b

Von Martin Olejnicki

Warst du auch schon mal in einem Gottesdienst, in dem du dich ständig fragst: »Was machen die hier gerade?« Gottesdienste, die so an ihre Zielgruppe angepasst sind, dass sie ein Außenstehender nicht mehr verstehen kann, sich sofort fremd und nicht mehr willkommen fühlt. Wie zum Beispiel unsere liturgischen Sonntagsgottesdienste.
Ich weiß, dass du, lieber Predigt-Leser, bestimmt gerade eher an Krabbel-Gottesdienste, verrückte Jugendgottesdienste, Elbegottesdienste, Star-Wars-Gottesdienste und vieles andere gedacht hast, nur nicht an unseren guten alten liturgischen Gottesdienst. Aber wenn wir ehrlich sind: Möchtest du dir vorstellen, was passieren würde, wenn heute ein paar Kinder im agendarischen Gottesdienst mit Hosianna-Rufen anfingen? Du schmunzelst gerade, oder? Aber im Ernst: Was würde passieren?
Ich kann dir nur sagen, was nicht passieren würde: Der Pfarrer würde nicht seine 15-minütige Predigt ausfallen lassen, und einfach nur sagen: »Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet!« –, um dann das Mikrofon fallen zu lassen und zu gehen.
Was würde das mit unserer Kirche machen, wenn wir viel öfter abweichen würden von den eingetretenen Pfaden? Wenn wir den Heiligen Geist ab und zu einfach machen lassen würden, anstatt ihn in fest formulierten und bewährten Formeln um seine Anwesenheit zu bitten? Manche würden sagen: Dann wäre Chaos. Ich glaube das nicht. Auch im Predigttext bleibt der Tempel ein Ort, an dem die Menschen heil werden – in der Begegnung mit Jesus. So können auch unsere Kirchengebäude und unsere liturgischen Gottesdienste weiterhin Orte der Gottesbegegnung sein. Aber eben nicht, weil sie so perfekt gebaut, so lange tradiert oder so durchkomponiert sind, sondern weil Gott mir nahekommen möchte. Auch oder gerade an Orten, wo ich ihn nicht oder nicht mehr vermute. Wenn ich also am Sonntag wieder in einem solchen Gottesdienst sitze, in dem ich eigentlich inständig darauf hoffe, dass ein paar Kinder aufspringen und »Hosianna dem Sohn Davids!« rufen, dann könnte ich das auch einfach selbst machen. Da ich der Pfarrer bin, wird das sicher interessant!

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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