Den Sonntag begrüßen
Glaube braucht auch Rituale. Wir haben uns deshalb von der ökumenischen Gemeinschaft im Kloster Volkenroda vor etwa einem Jahr die Sonntagsbegrüßung »abgeschaut«.
Von Harald Krille
Sonnabends zum Sonnenuntergang bzw. vor dem meist auch etwas festlicheren Abendessen feiern wir in einer kleinen Liturgie den Beginn des Tages der Auferstehung Christi. Unter wechselnd gelesenen Bibel- und Segensworten wird dabei eine Kerze entzündet, werden wie bei einer Agapefeier Brot und Wein bzw. Saft weitergereicht. Unser neunjähriger Enkel Jan-Erik erlebte dies bei Besuchen zweimal mit. Im Sommer verbrachte er zwei Ferienwochen bei uns. Und wir staunten nicht schlecht: Nach einem ausgefüllten Tag mit gemeinsamen Unternehmungen war er es, der sagte: »Jetzt müssen wir aber die Sonntagsbegrüßung feiern!« Und nicht nur das. Er legte auch Wert darauf, die »Liturgenrolle« lesen zu dürfen.
Seither ist es klar: Wenn er bei uns ist und der Samstagabend herankommt, holt er Textblätter, Kerze und Streichhölzer, Becher und Brotschale. Konzentriert und mit großem Ernst liest er dann die Worte: »Himmlischer Vater, zur Ehre deines Sohnes, der das Licht der Welt und der Ursprung des Lebens ist, will ich das Licht zum Tag des Herrn entzünden …«. Was genau ihm an der kleinen Feier gefällt, was ihn besonders anspricht, vermag er auf Nachfrage nicht so recht auszudrücken. Es sei »eben schön«.
Aber kommt es auf eine Erklärung überhaupt an? Vielleicht ist das ja gerade ein Merkmal guter Rituale: Sie berühren unser Herz, nehmen uns hinein in die Welt des Glaubens. Irgendwann kann dann vielleicht auch unser Verstand Erklärungen und Begründungen dafür finden. Zwingend notwendig scheint dies aber nicht zu sein.
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