Erfahrungen mit Gebet
Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.
Lukas 11, Vers 9
Von Martin Olejnicki
Ist das Mitleid oder machen die sich gerade über mich lustig? Beides scheint möglich, wenn ich in die Gesichter der jungen Menschen gucke. Kurz zuvor habe ich im Konfirmandenunterricht meine Spitzenthese kundgetan: Beten hilft!
Und jetzt sitzen sie da, sehen mich fragend an und sagen gar nichts. Aber ihre Blicke sagen sehr viel in diesem Moment. Ich sehe in ihren Gesichtern Fragen wie: Hä?! Meint der das jetzt ernst?! Muss er das sagen, weil er Pfarrer ist?!
Als sich die Ersten trauen, ihre Fragen zu formulieren, entspinnt sich ein längeres Gespräch darüber, wie das mit dem Beten so ist. Während dieses Gesprächs ertappe ich mich dabei, wie ich beginne zu erklären, dass es vielleicht auch einfach nur gut tut, bestimmte Dinge mal gesagt zu haben, und es nicht so wichtig ist, ob meine Bitten wirklich erfüllt werden. Dabei merke ich, wie ich meine eigentliche Eingangsthese »Beten hilft« in seltsamer Weise relativiere.
Gott sei Dank hatte ich noch vor dem Unterricht jenes Buch aus der Kirche geholt, in das Besucher ihre Gebetsanliegen schreiben. Aus diesem lese ich nun laut vor: »Gott, ich möchte dir danken, dass wir nun endlich ein Kind bekommen, ich habe so oft dafür gebetet. Danke. Wir sind sehr glücklich!«
Danach ist es still in dem sonst turbulenten Konfiraum. Nach ein paar Sekunden sagt eine Konfirmandin: »Das ist aber schön für die beiden.« Alle lächeln und nicken. Ich bin in diesem Moment etwas traurig, denn ich habe mich ertappt und frage mich: Wieviel traue ich Gott eigentlich zu? Wie ernst nehme ich die Aufforderung »bittet, so wird euch gegeben«? Habe ich Gott in letzter Zeit zu meinem persönlichen Therapeuten degradiert?
Es ist schön, dass er mir zuhört, dass ich alles sagen kann. Es ist schön, dass ich so wenig erwarte. Schön und auch traurig.
Aber genau jetzt bin ich doch froh, hier in diesem Raum mit den Konfirmanden zu sein. Ich weiß wieder, dass Gott doch eingreift. Er schickt mir Konfirmanden mit den richtigen Fragen und er schickt Menschen in die Kirche, deren Glauben stark genug ist, um etwas zu verändern. An der Welt, bei den Konfis und bei mir. Ich müsste nur genau hinsehen und zuhören.
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