Haben wir Anspruch auf Bewahrung?
HIOB 2012
Hans, langjähriger Sänger im Kirchenchor, Ältester, treuer Gottesdienstbesucher
mit Frau und Tochter, kluger Debattierer, immer bereit, sich in der Gemeinde
einzubringen, verliert eines Tages seine Frau an akuter Herzschwäche. Innerhalb
weniger Stunden ist sie verstorben. Das ging damals wie ein Lauffeuer durch den
Flecken. Große Anteilnahme der gesamten Gemeinde, große Trauerfeier in der
Kirche, viele Kondolenz-Schreiben und Blumen.
"Wir beugen uns unter die allmächtige Hand Gottes!" Das war früher so eine
agendarische Formel auf dem Friedhof. Ich habe sie noch selbst gesprochen, bevor
sie durch andere Worte ersetzt wurde. Hans hat damit seine Probleme. ER KANN
SICH NICHT BEUGEN. Er nimmt Gott diesen Tod übel. Das haben sie, seine Frau,
seine Tochter und er selbst, nicht verdient! Das steht dahinter.
Wann haben wir was verdient? Haben wir Anspruch auf Bewahrung, wenn wir ein
christliches Leben führen? Und warum sie, und nicht Hans oder ich?
Ich weiß es nicht. Einer sagt: "Liebe dein Schicksal; es ist Gottes Weg mit deiner Seele!"
Und Hiob sagt: "Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch
annehmen?" Er kann diesen Satz freilich selbst nicht durchhalten. Er muss aufbegehren.
Er musss mit Gott rechten. Ihn ekelt sein Leben. Bis er nach langem Hin und Her doch
den Hut abnimmt und auf die Knie geht: "Ich hatte von dir nur vom Hörensagen
vernommen... Ich tue Buße in Staub und Asche!"
Wir dürfen mit Gott rechten. Wir dürfen ihn zur Rede stellen. Das ist schön an diesem
Gott. Aber unser letzter Satz wird immer heißen: "WIR SIND BETTLER. AMEN!"
Autor:Martin Steiger |
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