Kirchlicher Fernunterricht – Sprachschule des Glaubens
Von Susanne Ehrhardt-Rein
Seit 1960 gibt es den Kirchlichen Fernunterricht (KFU). Er ist eine Einrichtung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland unter Mitträgerschaft der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, der Kirche Anhalts und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens.
Seine Aufgabe ist es, »Mitglieder evangelischer Landes- und Freikirchen so auszubilden, dass sie von ihrer Kirche mit dem Dienst der freien Wortverkündigung beauftragt werden können« (Satzung, § 2 (1). Im KFU können Gemeindemitglieder theologisches Wissen erwerben und lernen, ihren Glauben zu reflektieren und darüber mit anderen ins Gespräch zu kommen. Das »Priestertum aller Glaubenden« verwirklicht sich nicht nur im Predigen und Leiten von Gottesdiensten oder der Verwaltung der Sakramente. Im und für den Glauben sprachfähig zu sein ist eine Aufgabe, die alle Christinnen und Christen wahrnehmen können und sollen. Dazu will der KFU einen Beitrag leisten. Mit seinem Unterrichtsprogramm ist er gleichzeitig die theologische Ausbildung für den späteren Weg in den Prädikantendienst. Auf diesem Weg ist es ein wichtiger Schritt, die Vorbereitung und das Halten einer Predigt zu lernen und zu üben. Voraussetzung dafür ist die gründliche Auseinandersetzung mit den biblischen Texten, mit der Geschichte der Kirche und Glaubensfragen der Gegenwart. Wie verstehen wir die Bibel? Welche Vorstellungen haben wir von Gott und seinem Wirken? Woran glauben wir als Christinnen und Christen? Damit setzen sich die Studierenden im KFU auseinander. Sie lernen Methoden der Auslegung biblischer Texte kennen und legen selbst Texte aus. Dieser Weg ist manchmal auch mühsam. Ein früherer Teilnehmer schreibt dazu: »Als ich mit dem KFU begann, hätte ich nie gedacht, dass ich am Ende einmal ordinierter Prädikant sein werde. Der Weg dahin war sehr vielfältig. Manche Passagen waren äußerst steinig und fordernd, andere dagegen angenehm und leicht. Ich bin Gott sehr dankbar, dass er immer wieder die Kraft gegeben hat, einen Fuß vor den anderen zu setzen und bis zum Ziel weiterzugehen. Vor allem die fordernden Passagen haben meine Persönlichkeit in einer Weise geformt, über die ich heute sehr dankbar bin. Die Fähigkeit, eigene, sehr tiefe (Glaubens)Überzeugungen hinterfragen zu lassen, halte ich inzwischen für eine der persönlichen Haupterrungenschaften, die ich aus dem KFU mitnehmen durfte.«
Im KFU studieren Menschen mit unterschiedlichen Berufen: Neben der Richterin sitzt der Verwaltungsfachwirt, neben der Krankenschwester der Musiker. Ihre Erfahrungen aus dem Berufsleben, aus Familie und Gesellschaft beeinflussen ihre Theologie und ihre Predigten. Der Arzt, der in seinem beruflichen Alltag mit den Grenzen des Lebens unmittelbar konfrontiert ist, bringt diese Erfahrungen ebenso ein wie die Ingenieurin, die sich als Erwachsene hat taufen lassen und diese Entscheidung in ihrer unkirchlichen Umgebung immer wieder erklären musste.
Die Kursgemeinschaft im KFU wird nicht nur durch intensives Lernen geprägt, sondern auch durch geistliche Gemeinschaft, Gottesdienste, Andachten und Gespräche. Hier wird das »Priestertum aller Glaubenden« lebendig, weil Christinnen und Christen ihren Glauben teilen, über ihre Fragen und Hoffnungen sprechen und sich mit unterschiedlichen Glaubensauffassungen auseinandersetzen. Viele von ihnen haben später als Prädikantinnen und Prädikanten die Aufgabe der öffentlichen Verkündigung und halten Gottesdienste. Damit übernehmen sie besondere Verantwortung in der Kirche und für den Glauben.
Die Autorin ist Studienleiterin beim Kirchlichen Fernunterricht.
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