JOCHEN KLEPPER
So konnten (wollten) sie nicht mehr leben
"Die Nacht ist vorgedrungen" ist eines der beliebtesten Adventslieder des Evangelischen Gesangbuches. Der
Text ist vom Jochen Klepper. Die Melodie von Johannes Petzold, dem späteren Dozenten an der Kirchenmusik-schule Eisenach, der zuvor Kantor in Bad Berka war. Jochen Klepper war Pfarrerssohn, hat einige Jahre Theologie studiert, sich dann aber dem Journalismus und der Schriftstellerei zugewandt und sich da einen Namen gemacht. "Der Kahn der fröhlichen Leute" war sein erster Roman, der auch verfilmt wurde. Der Roman
"Der Vater" ist sein Hauptwerk, in dem es um Friedrich Wilhelm I. geht. Reinhold Schneider schrieb damals bewegt: "Er hat dem König ins Herz geblickt wie niemand zuvor." Weitere Literatur: "Gedichte", "Tagebücher" ("Unter dem Schatten deiner Flügel" ) und "Das ewige Haus", das unvollendet blieb und Katharina von Bora,
Luthers Frau, zum Thema hat.
Jochen Klepper wurde 1903 in Beuthen/Oder geboren und ist am 11.12.1942 mit seiner Frau Hanni und Stief-tochter Renate in Berlin durch Suizid aus dem Leben gegangen. Klepper steht unter den Text-Autoren des EG
nach Martin Luther (29) und Paul Gerhard (29) an dritter Stelle (12). Ich mag neben dem bereits genannten Adventslied am meisten das Morgenlied "Er weckt mich alle Morgen, er weckt mir selbst das Ohr" und das Lied
"Der du die Zeit in Händen hast, Herr, nimm auch dieses Jahres Last und wandle sie in Segen", das gern zum Jahreswechsel gesungen wird.
Seit seiner Kindheit war die Adventszeit für Jochen Klepper eine besondere Zeit: die Zeit, der Vorbereitung auf das Christfest. Im Advent war das neue Haus fertiggestellt und eingerichtet worden. Im Advent waren ihm wichtige Gedichte zugekommen. Im Advent hatte er seinen Roman "Der Vater" abgeschlossen. Und immer war das Haus dann festlich geschmückt, und seine Frau, Hanni, obwohl mosaischen Glaubens, half ihm dabei. Am 1. Advent 1937 hatte in den Herrnhuter Losungen gestanden "Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbei gekommen. So lasset uns nun ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts!" Das war der Anstoß für sein Adventslied.
Seine Ehe mit der Jüdin Hanna Stein hatte zum Bruch mit der Familie geführt. Und von Seiten der Machthaber des 3. Reiches wurde er zur Scheidung gedrängt. Seine Zukunft als Schriftsteller war in Frage gestellt, denn die Reichs-Schrifttums-Kammer drohte mit Ausschluss, der dann auch erfolgte. Nach dem 09. Nov. 1938 ("Reichs-Kristallnacht") verschärfte sich die Lage weiter. Eine Sondergenehmigung wurde abgelehnt. Zu Gesprächen wurde er nicht vorgelassen. Klepper verlor seine Stellen beim Berliner Rundfunk und beim Ullstein-Verlag. Es
drohte sogar der Abriss seines Hauses, weil es angeblich nicht in den Bebauungsplan Berlins passe. Die Zwangsscheidung war zu befürchten, obwohl sich Hanni hatte taufen lassen, und das Paar kirchlich getraut worden war. Aus der Wehrmacht, Nov. 1940 einberufen, wurde Klepper nach 11 Monaten wegen seiner "nichtarischen Ehe" als "wehrunwürdig" entlassen. Hilfe erfuhren sie von keiner weltlichen noch kirchlichen Instanz. So sahen sie keinen Ausweg mehr. Am 11.12.1942 gingen sie gemeinsam in den Freitod...
Aber Jochen Klepper hat der Welt sein literarisches Werk hinterlassen. Darunter das so tröstliche Advents-Lied "Die Nacht ist vorgedrungen" in fünf Strophen. Drei davon möchte ich hier in Erinnerung bringen:
1. Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern. So sei nun lobgesungen dem hellen Morgenstern.
Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein. Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein.
3. Die Nacht ist schon im Schwinden, macht euch zum Stalle auf! Ihr sollt das Heil dort finden, das aller Zeiten Lauf von Anfang an verkündet, seit eure Schuld geschah. Nun hat sich euch verbündet, den Gott selbst aus-ersah.
4. Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und -schuld. Doch wandert nun mit allen der Stern der
Gotteshuld. Beglänzt von seinem Lichte hält euch kein Dunkel mehr. Von Gottes Angesichte kam euch die Rettung her.
Autor:Martin Steiger |
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