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Witzmann-Orgel in Taubach
Abschied und Willkommen

In neuem Glanz - sowohl optisch als auch klanglich - erstrahlt die historische Witzmann-Orgel in der Taubacher Kirche nach vier Jahren Planung und Renovierung: Darüber freuten sich bei der "Inbetriebnahme" am vergangenen Sonntag die Mitglieder des Gemeindekirchenrats  Katja Bauer, Sylvia Kolb, Kantor Rainer Schurig, Organist Wolf-Andres Lüpke, Matthias Rathmann, Anneliese Eisenberg, Adrienne Jahn, Pastorin Johanna Oberthür und Superindentent Henrich Herbst. | Foto: Foto: Adrienne Uebbing
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  • In neuem Glanz - sowohl optisch als auch klanglich - erstrahlt die historische Witzmann-Orgel in der Taubacher Kirche nach vier Jahren Planung und Renovierung: Darüber freuten sich bei der "Inbetriebnahme" am vergangenen Sonntag die Mitglieder des Gemeindekirchenrats Katja Bauer, Sylvia Kolb, Kantor Rainer Schurig, Organist Wolf-Andres Lüpke, Matthias Rathmann, Anneliese Eisenberg, Adrienne Jahn, Pastorin Johanna Oberthür und Superindentent Henrich Herbst.
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Mit einer schönen Idee hat die Evang.-Luth. Kirchengemeinde Taubach in einem Gottesdienst am 21. Juni nach vierjähriger Planungs- und Renovierungszeit  ihre Orgel wieder in den Dienst gestellt: Kantor Rainer Schurig ließ zur Verabschiedung der elektronischen Orgel, die in den letzten Jahren (bis auf eine durchgebrannte Sicherung gleich am Anfang) zuverlässig als Ersatz gedient hatte, diese noch einmal erklingen - bevor im Anschluss erstmals die historische Witzmann-Orgel das Kirchenschiff wieder mit ihrem Klang erfüllte. 

Foto: Foto: Adrienne Jahn

Ursprünglich sollte die Orgelweihe und das anschließende Orgelkonzert der Höhepunkt des Festjahres "900 Jahre Taubach" sein. Wegen der Coronapandemie wurden alle Feierlichkeiten im Zusammenhang der 900-Jahr-Feier auf das nächste Jahr verschoben. Dann werden auch am 13.06.2021 um 10.30 Uhr ein großer Festgottesdienst und das Festkonzert stattfinden, zu dem die zahlreichen Spenderinnen und Spender und alle Förderer eingeladen werden.

Foto: Foto: Adrienne Jahn

Die Renovierungsarbeiten an der Taubacher Orgel, die in vier Bauabschnitten erfolgten, wurden von der Firma Orgelbau Waltershausen GmbH denkmalgerecht durchgeführt. Die historische Witzmannorgel aus dem Jahre 1853 erklingt nun wieder in ihrer ursprünglichen Disposition. Die Orgel verfügt über 21 Register. Sie wurde in Kammertonhöhe in der Stimmungsart „Kapsner Eins“ gestimmt.

„Mit der denkmalgerechten Instandsetzung der Taubacher Witzmannorgel haben wir nun im Weimarer Land ein weiteres hervorragendes Beispiel für die Thüringer Orgellandschaft. Ich danke allen, besonders dem Gemeindekirchenrat von Taubach, den zahlreichen Spenderinnen und Spendern und allen Förderern für den Einsatz für diese Orgel und freue mich auf das große Fest im Juni 2021.“, sagt Superintendent Henrich Herbst.

Die Gesamtkosten für die Sanierung betrugen 172.000 €, davon hat allein die Kirchengemeinde Taubach durch Spenden und durch ihre Konzertreihe „KulturZeit St. Ursula“ stolze 40.000 € selbst aufgebracht. Der Kirchenkreis Weimar förderte mit 26.000 € und die Evangelische Kirche Mitteldeutschland mit 48.000 €. Das Thüringer Landesdenkmalamt steuerte 34.000 € bei. Die restliche Summe kam mit Hilfe der Stiftung Orgelklang, der Sparkassenstiftung Weimar, der Sparkassenkulturstiftung Hessen/Thüringen, der Stiftung Minihold und durch Lottomittel der Thüringer Staatskanzlei zusammen.

Predigt von  Henrich Herbst (Superintendent im Kirchenkreis Weimar und Pfarrer an der Stadtkirche St. Peter und Paul) zur Wiedereinweihung der August Witzmann Orgel in der Kirche zu Taubach am 2. Sonntag nach Trinitatis, 21. Juni 2020
Joh. 1, 19-2

"Liebe Gemeinde,
'Wer bist du?', fragen die Leute Johannes den Täufer. Wer? – Warum soll man, liebe Gemeinde, diese Frage nur Menschen stellen? Ich frage jetzt einmal nicht wer bist du Johannes, sondern wer bist du Orgel? Bist du lediglich ein Gebrauchsgegenstand für den Gottesdienst – weil es einfach besser klingt, wenn die Gemeinde nicht ohne Begleitung singt.

Oder bist du ein wichtiges innenarchitektonisches Bauteil?

Bist du vielleicht ein Prestigeobjekt, damit jeder sehen kann, wer wir sind, was wir haben und was wir hinkriegen (einen stolzen Preis liebe Orgel hast du ja), oder bist du Kulturerbe, das es zu pflegen gilt?

Vielleicht würde die schöne Orgel von Taubach dann doch wie Johannes der Täufer sagen: Ich bin eine Stimme und Wegbereiter für Christus.

Das ist mehr als „ich habe Stimmen“- viele Stimmen, z.B. 21 Register mit über 1200 Pfeifen, wie eure Orgel. Wie eine Gemeinde, die aus ganz verschiedenen Stimmen besteht und dann doch im gemeinsamen Glaubensbekenntnis und im gemeinsamen Vaterunser zu einer Stimme werden kann. Ich bin Stimme, vielleicht nur eine Stimme unter anderen, aber eine besondere Stimme.

Vielleicht würde die Orgel sogar sagen – wie Johannes – ich bin Stimme eines Predigers. Kann eine Orgel predigen? Ohne Worte aber voller Klang? Kann sie von Christus predigen, kann sie, er der geschundenen Kreatur und uns Menschenkindern, in unseren Sorgen etwas von Erlösung predigen? Kann Sie uns Menschen trösten? Kann sie überzeugend einladen, Gott und den Menschen zu vertrauen? Und kann sie Mut machen, Gottes Gebote zu halten? Und gibt es noch genug Leute, die diese Sprache der Orgel verstehen? Gibt es Menschen, die ihre Lieder kennen und gerne singen, wenn wir wieder dürfen, in guten wie in bösen Tagen?

Aber eine Orgel ist nicht nur Stimme eines Predigers, vielleicht gar nicht zuerst, sondern vielmehr Stimme eines Beters oder einer Beterin. Orgelmusik ist beeindruckend, wenn alles klingt. In diesem brausenden Jubel erkennen wir auch die Dankbarkeit des heutigen Tages wieder, dass ihr das zusammen mit eurer Pfarrerin geschafft habt.

Mindestens zwei Namen sollte ich noch nennen, Frau Eisenberg und Herr Rathmann. Dazu gehören aber auch der Orgelbau Waltershausen und Herr Krause. Kompliment, eine große Leistung ist das. Schön, dass ihr Freunde und Förderer innerhalb und außerhalb unserer Kirche gefunden habt. Doch 40.000,- von 172.000,- Euro hat die Gemeinde selber aufgebracht. Ja, heute fällt es uns nicht schwer, in der Orgelmusik und in ihrem Jubel das Dankgebet zu hören. Gerne hätten wir heute ein größeres Dankesfest gefeiert, das holen wir nach.

Aber es gibt auch die anderen Töne. Im persönlichen Zwiegespräch mit Gott geht es auch um die leisen Zwischentöne: Freude und Klage, Verzweiflung und Dankbarkeit, Trauer und Sehnsucht, Zorn und Hoffnung. Unwägbares und Unaussprechliches will gesagt werden und findet doch sehr schwer Worte.
Orgel wer bist du? Stimme, Predigerin, Beterin. Vielleicht ist eure Orgel ja eine Stimme für das, was mit Worten so schwer gesagt werden kann? Schauen wir zurück? Als ihre Vorgängerin gebaut wurde, regierte Wilhelm Ernst mit seinem Bruder und Bach war als Musiker am Weimarer Hof. Auf das Abnahmeprotokoll von Bachs Hand könnt ihr mit Recht stolz sein.

Seit 1853 hat die Taubacher Witzmannorgel in zahllosen Gottesdiensten und Konzerten geholfen, dass eigentlich Wichtige zur Sprache zu bringen. Die Dinge, die wir in der Kirche ausdrücken, wollen mit einer anderen Sprache daher kommen. Denn so viel sich auch seit der Erbauung veränderte, sind uns doch die alten Menschheitsfragen geblieben. Was haben die Menschen wohl gefühlt und gedacht, wenn sie spielte? Hat sie zum Klingen gebracht was zur Sprache kommen muss? Die Seele hat eine andere Sprache und ein anderes Gehör.

Dann hat es 2011 eurer Orgel die Stimme genommen, lange war sie nicht spielbar, aber zum Glück wurde die Gemeinde nicht stimmlos, in Gottesdiensten mit einem Ersatzinstrument, in der „KulturZeit St. Ursula“, mit der ihr ein schönes Markenzeichen für Taubach und seine Kirchengemeinde geschaffen habt.

Manchmal aber verschlägt es einem im Leben - auch beim Beten - die Sprache. Paulus hat es im Römerbrief so beschrieben. Er sagt: „Wir wissen dann nicht, was wir beten sollen – aber der Geist Gottes selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen.“ Er meint, wenn wir es nicht aussprechen können was uns bewegt, was wir denken und fühlen, dann tritt Gottes Geist für uns ein. Und warum sollte Gottes Geist sich nicht der Stimme einer Orgel bedienen?

Ich kenne eine Orgel: Wenn man da den Orgelmotor abstellt und der Blasebalg zusammensinkt, gibt die Orgel einen Seufzer von sich. Das erinnert mich an dieses Bibelwort: „Wir wissen nicht was wir beten sollen – aber der Geist Gottes selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen. Ich denke mir, da sitzt jemand hier im Gottesdienst und weiß nicht weiter. Die Gemeinde erinnert an einen lieben Menschen, von dem sie Abschied nehmen musste. Und dann erklingt von der Orgel: „Befiehl du deine Wege“ und dann „Der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann…“

Oder einer sitzt hier in der Christvesper in der Heiligen Nacht, und hat die Sorgen und die Unruhe des letzten Jahres mitgebracht, vielleicht auch den Streit und den Kampf der letzten Tage vor dem Fest und dann ertönt es leise und zart „Stille Nacht heilige Nacht“. Und jemand anderes, dessen Herz voll der Dankbarkeit ist, der stimmt laut mit ein in das „Oh du fröhliche“. Ich sehe die Eltern, die froh ihre Kinder hierher tragen und die Paare die unter dem Klang der Orgel einziehen am Anfang eines gemeinsamen Weges. – Ja, die Orgel kann Stimme sein, nicht nur eines Predigers, auch des Beters. Alle sollen es hören, wenn die Orgel erklingt: Du brauchst es nicht allein zu schaffen. Deine Fragen bekommen hier auf einmal eine Richtung zu Gott. Jedem von uns, mit unserem Trotz und unserer Sehnsucht nach Trost, will eure Orgel zur Stimme werden.

Wer bist du Orgel? Du bist Stimme und Wegbereiterin für Christus. Eure Orgel stellt Verbindungswege her zwischen Gott und uns und uns und Gott, in guten wie in bösen Tagen. Dieser Verbindungsweg ist gut, also ziehen wir los, mit den Großen und den Kleinen mit den Skeptikern und Zweiflern, mit den Beherzten, den Traurigen und den Frohen und der, der das Ziel ist, kommt uns entgegen." 

Autor:

Adrienne Uebbing

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