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Haus und Garten am Pfingstweg
FÜR WALTRAUD SCHLÜCKE

Sie war eine Kochfrau aus Großobrigen bei Weimar. Sie hatte das richtig gelernt auf dem Gut der Göhrings in Oldisleben. Als diese nach dem verlorenen Krieg in der RBZ, der Russisch besetzten Zone, ihre Heimat verlassen mussten, und das Gutshaus abgerissen wurde (Man hätte es lieber umfunktionieren sollen! Aber Neid und Gier waren wohl zu groß. Das Silber der Gutsherren liegt noch heute in Besteckkästen von Familien des Fleckens.), blieb sie bei dem, was sie gelernt hatte, kochte und backte zu Festen aller Art in Oldisleben und Umgebung. Sie machte das gern und konnte es sehr gut! In der "Kampagne", der Zeit der Anlieferung und Verarbeitung der Zuckerrüben, arbeitete sie für die jeweilige Saison in der hiesigen Zuckerfabrik.

 Sie hatte kein leichtes Leben: früh den einzigen Sohn verloren, früh der Mann verstorben, zu früh Enkelsohn Thomas, von dem ein Kindchen in der Umgebung lebt, -ihr Ur-Enkelchen. Was blieb? Es blieb die Schwieger-tochter, die nach Berlin zog und wieder heiratete. Es blieb Enkelin Annegret in Halle/S, studierte Juristin, die sich über die Jahre liebevoll um die Großmutter kümmerte; und es blieb  ein fester Kreis von Verwandten und Freunden, zu denen wir auch gehörten.

Als wir im Frühjahr 1983 nach Oldisleben kamen, brauchten wir Hilfe, da beide im Beruf. Es kam jeden Montag
die geliebte Tante Hannelore aus Bad Berka. Wir brachten sie am Dienstag dorthin zurück, wenn wir zur Probe
des Blankenhainer Musizierkreises fuhren. Das hatte sich verlässlich eingespielt. Und es kam jeden Donnerstag Frau Schlücke ins Pfarrhaus am Berg. Sie kümmerte sich um die Küche, kochte ein sehr wohlschmeckendes 
Mittagessen (Ihre Schnitzel, ihr Zungenragout, ihre Marzipanrollen!  Da läuft mir noch heute das Wasser im Munde zusammen!) und half dann die restliche Zeit im Haushalt. Sie blieb trotz der Verluste des Lebens eine fröhliche Frau, kannte Jede und Jeden und war allseits sehr beliebt.

Lange hat sie Haus und Garten (!) am Pfingstweg betreut. Dann kam die Zeit, da ihre Kräfte schwanden, und sie das vertraute Zuhause verlassen musste. Wir haben sie im Alters- und Pflegeheim in Bad Frankenhausen eini-germaßen regelmäßig besucht. Sie freute sich immer: "Meine lieben Steigers!" Wir erzählten von alten Zeiten,
von den neusten Ereignissen in Oldisleben und von unseren Kindern und Enkeln. Oft haben wir ein Gebet ge-sprochen, und ich habe sie gesegnet. Ihr letztes großes Fest war ihr 90. Geburtstag. Da war sie schon einige Monate dement, erkannte uns nicht mehr und schwieg. 
Ist das noch Leben? Und wozu ist solches Leben noch gut? Wir wissen es nicht. Gott weiß es. Am 27.02.2020
haben wir in Oldisleben an ihrer Trauerfeier teilgenommen mit schwerem und dankbarem Herzen. Möge sie ruhen in Frieden!

Autor:

Martin Steiger

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