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Es klappert die Mühle am rauschenden Bach
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Das Vokalensemble "Wohlklang" ist ein Ensemble besonderer Qualität. Es ist Preisträger internationaler Wettbewerbe. Es besticht durch große Homogenität, unverwechselbaren Klang und musikalische Stil-sicherheit. Zahlreiche CDs und Auszeichnungen belegen das. In der Regel singen sie als Quintett: zwei Tenöre, ein Bariton und zwei Bässe. Manchmal erweitern sie sich aber auch um einen Sopran. Lange war ich ein ausge-sprochener Bewunderer dieser Gruppe.

Bis zu jenem Konzert an einem schönen Sommertag in Nordthüringen. Woran habe ich Anstoß genommen?
Gesungen haben sie wie die Götter. An Intonation, Sangeskunst und Charme gab es nichts zu meckern. Der Raum hat eine sehr gute Akustik und war gerade renoviert. Das Programm war für mich über die Maßen un-
befriedigend. Nichts gegen Darius Milhaud, Francis Poulenc, Gioachino Rossini und Jean Cras; nichts gegen Spirituals und Folksongs. Doch wenn ich den ganzen Abend kaum ein Wort verstehe, dann hat meine Freude ihre Grenzen! Den ganzen Abend gab es im Programm keinen einzigen deutschen Text. 2017 wurde das 500-jährige Reformations-Jubiläum gefeiert. Eine der großen Veränderungen, welche die Reformation brachte, war der Text. Deutsches Wort für deutsche Ohren. Deutsches Lied aus deutschen Kehlen. Kein Latein mehr, die Weltsprache der Gebildeten und Klerikalen. Drei Strophen von "Der Mond ist aufgegangen" hätten mich  versöhnt. Ein schlichter Satz von "Mein schönste Zier und Kleinod bist auf Erden du, Herr Jesu Christ" des
Thomaskantors Sethus Calvisius aus Gorsleben, hätte mich zu Tränen gerührt. Und als dann als Zugabe end- 
lich ein deutscher Text kam, da war es das Volkslied "Es klappert die Mühle am rauschenden Bach". So ein
Schnulli!!! Was haben sich die Herren Sänger dabei gedacht? Falls sie sich überhaupt etwas dabei gedacht haben? "Hört nur, wie schön wir singen! Hört nur, welch wunderbare Sätze wir geschrieben haben!" Ja, die Herren haben wunderbar gesungen! Ja, die Sätze waren bemerkenswert. Kein Zweifel. Aber über jedem Werk des großen Johann Sebastian Bach stand: S.D.G. SOLI DEO GLORIA. Gott allein die Ehre. Davon spürte man bei "Wohlklang" an diesem Abend nichts. Gar nichts. Und deshalb der Satz: "Voll daneben!"

Autor:

Martin Steiger

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