Anzeige

Die Story vom Geweih wurde oft erzählt und belacht
ANTILOPENGEWEIH

Als meine Frau bei der Ambulanz Bad Berka als Fachärztin für Allgemeinmedizin angestellt war, die unter
Leitung des allgemein geschätzten Dr. Kellermann stand, wohnten wir zunächst Im Rod 2. Danach auf der Sonnenhöhe 7 in zwei Zimmern, wo sich die Freundschaft zu Hannelore und Kurt Günther und ihren Kindern Angelika und Andrea entwickelte. Danach in einem Plattenbau in der Tiefengrubener Straße mit einem Kinderzimmer für unsere kleine Susanne; und schließlich L.-Brauer-Straße 15 in einer Doppelhaus-Hälfte der Zentralklinik. Das war eine sehr gute DDR-Karriere was eine Wohnung betrifft. Die Wohnungen waren ja bewirtschaftet und wurden zugewiesen oder auch nicht. Man konnte nicht einfach mieten, und es kam vor, dass jemand ein Haus besaß, aber nicht selbst darin wohnen durfte. Junge Leute kamen auf die Wohnungssuchen-den-Liste überhaupt erst, wenn sie geheiratet hatten.

An der Ambulanz waren neben Ärzten, Schwestern und Raumpflegerinnen auch einige Kraftfahrer angestellt, welche die Ärzte zu Hausbesuchen fuhren, für den Fuhrpark verantwortlich waren und als Haumeister fungier-ten. Und einer von ihnen, wir nannten ihn "Sire Alfred", nahm gern mal "einen zur Brust". Als er eines Tages wieder einmal nicht aus dem nahen Parkhotel heimkehrte, wurde ich von seiner Frau angerufen mit der Bitte, ihn nach Hause zu holen. Ich war wohl nicht der richtige Mann für dieses Unternehmen. Ich fand ihn zwar in einer fröhlichen Runde vor und wurde lautstark begrüßt. Ja, natürlich käme er mit. Aber zuerst müssten wir einen zusammen trinken. Das ging so weiter, und als wir endlich die Harthstraße hinauf stiegen, waren wir beide nicht mehr standfest. Oben angekommen, lud mich Sire Alfred ein, noch etwas bei ihm zu essen. Ganz
leise waren wir dabei nicht, so dass sich plötzlich die Schlafzimmertür öffnete und Frau Vorein unter Loslassung
einiger Unfreundlichkeiten das Bett ihres Ehemannes auf den Flur schmiss. Wir ließen uns davon nicht weiter beeindrucken. Sire Alfred wohnte mit seiner Frau in einem stattlichen Haus, das dem Dr. von der Heiden gehör-te, der mehrfach in Afrika war und von dort eine Reihe von Souvenirs mitgebracht hatte. Verwaltet wurde das Haus von Frau Klara Nikolai, die ebenfalls dort wohnte. Als Sire Alfred mich später zur Haustür brachte und be-merkte, dass meine Augen an den Antilopengeweihen im Treppenflur hängen blieben, nahm er kurzerhand
eines davon ab und drückte es mir in den Arm. Zum Glück sah mich keiner auf meinem weiteren Heimweg. Um die Zeit lagen die meisten Berkaer in ihren Betten. Ich gab mir alle Mühe, zu Hause keinen Krach zu machen,
stellte das Geweih auf einen der Sessel im Wohnzimmer und hängte meine Sachen daran. Als meine Frau am nächsten Morgen ins Zimmer kam, war sie fast zu Tode erschrocken! Sire Alfred kam mit seiner Frau wieder ins Reine. Ich mit der meinen ebenfalls. Sie klärte die Sache mit dem Geweih mit Frau Nikolai, und ich durfte es
behalten. Doch zu einer Abholung wurde ich nicht wieder in Anspruch genommen. Das Geweih hat uns viele Jahre begleitet, und die Story wurde oft erzählt und belacht. Eines Tages habe ich es dann verschenkt.

Autor:

Martin Steiger

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

4 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.