--Brief v. Ehrhart N. v. 28.01.2010
IHR HABT GLÜCK MITEINANDER GEHABT
Lieber Martin,
erst einmal vielen Dank für Deinen Brief mit den deutlichen Ermahnungen. Ja, leider schreibe ich
kaum noch Briefe. Das geht bei mir heute alles über E-Mails, jeden Tag sehr viele. Und ich weiß natürlich,
dass diese schnelle Kommunikation vieles verdirbt, die Kunst des Briefschreibens etwa. Wir haben eben
in der Kirchgemeinde am Jahresende schnell alle Spendenbescheinigungen geschrieben, verteilt oder ein-
getütet... Dein Brief hatte... einen besonderen Wert, weil er mit Schreibmaschine geschrieben war. (Be-
stimmt noch DDR-Produktion?). Oder hat Dein PC die alten Typen zur Verfügung...?
Jetzt schreibe ich Dir, um Dir mitzuteilen, dass Ihr, Du und Elke, oft in unseren Gesprächen seid. Das lässt sich nicht alles verbalisieren. Ich glaube, dass Ihr Glück miteinander gehabt habt, und dieser Segen teilt sich auch
Außenstehenden mit. Mit Begeisterung haben wir Dein Büchlein mit den wunderbaren Miniaturen eines
Pfarrerlebens gelesen . Das war keine gute Einschlaflektüre, denn wir haben beide das Buch am Abend nicht weglegen können und mussten es erst auslesen. Das Buch hat uns Martin Steiger, wie wir ihn kennen, regelrecht authentisch präsentiert, und es gab viele Wiedererkennungseffekte. Du bist eben ein leidenschaft-licher Pfarrer mit einem reichen Erfahrungsschatz. Manchmal hoffe ich, dass die jungen Amtsbrüder von einem solchen Leben etwas lernen können. Unsere Wurzeln in der Tradition können eben auch sehr Lebendiges hervorbringen.
Übrigens fiel mir dieser Tage ein, wann ich Elke das erste Mal gesehen bzw. wahrgenommen habe. Das war in
der Jenaer ESG um 1960 herum. Da hat sie sehr vehement nach einem modernistischen Vortrag... gegen die
Liebe vor der Ehe Stellung genommen. Das fand ich sehr vernünftig. Doch leider war ich vorher schon der Versuchung schon erlegen. Darüber will jetzt aber nicht reflektieren.
Wir hoffen, dass Du die Schulter-OP links gut überstehst und nichts zurück bleibt. Jobst H. hat mir zu meinem Geburtstag gesagt, dass unser Leben 70 Jahre währet und alles darüber Gnade sei. Da hat er natürlich recht, ich habe solche Sprüche auch drauf. Aber auch im Gnadenstand des Alters kommen manchmal von IHM solche Botschaften, die uns schmerzlich daran erinnern, dass unsere Kräfte hier begrenzt sind... Vor einem Jahr hatte ich plötzlich fürchterliche Rückenschmerzen, Keilwirbel nach einem alten Wirbelbruch durch Absturz von Scheunenboden. Mein linkes Bein war fast gelähmt. Nicht beneidenswert. Doch bis auf ein Taubheitsgefühl im
Fuß ist es wieder weg. ER hat mich noch einmal in die Spur geschickt! Und ich habe tatsächlich viel zu tun. Schreiben, Gremien und vor allem die Gemeinde L. Wir wollen dieses Jahr die Kirche renovieren. Weil es dort so langsam ging, habe ich die Bauleitung übernommen. Bürokratie, harter Kampf ums Geld, und die Suche nach einer erstklassigen künstlerischen Lösung (Horst Jährling ist über 90 und fällt leider aus.). Wie es die Musik sein soll, so möchte ich auch, dass diese Kirche ein Vorspiel auf das ewige Leben wird.
Familiär geht es uns gut. Von den jüngeren Kindern studieren drei in Berlin. Das hat auch seine Unwägbarkei-ten. Schaffen sie alles? Reicht die Energie aus? Der Älteste ist gerade zwei Wochen vom Theologie-Studium aus
Südafrika zurück gekommen und macht dieses Jahr in Jena sein Examen. Er hat sich in Südafrika unsterblich in ein Burenmädchen verliebt und hofft, dass sie nach Deutschland kommt. Na, mal sehen.
Beim Verlieben fällt mir ein, dass H. und ich am 5. April Silberne Hochzeit haben. Die wollen wir in L. feiern. Wenn Ihr an diesem Tag Lust und Zeit habt, würden wir uns sehr freuen,. Um 11 Uhr hält uns mein Studien-freund Götz... in der Kirche eine Andacht. Ich habe schon einmal nach der Losung geschaut. Danach soll es uns richtig gut gehen.
Lieber Martin, wir grüßen Dich und Elke sehr herzlich! Dein E.
(p.s.: Reaktion auf mein Büchlein "Ein Leben in Geschichten". Wir kennen uns aus dem Konvent Weimar und
darüber hinaus.)
Autor:Martin Steiger |
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