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Folge 28 – 1978 und 1979
Verantwortung für Mensch und Umwelt

Von Dietlind Steinhöfel

Freundliche Worte hört der Vorstand des DDR-Kirchenbundes vom Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker am 6. März 1978. Er würdigt das Friedensengagement der Kirchen und die humanitäre Hilfe sowie das Eintreten gegen Rassismus, wird berichtet. Honecker hat die Vertreter der evangelischen Kirche zu diesem Gespräch eingeladen. "Glaube und Heimat" titelt: Bedeutsame Begegnung. Und bedeutsam ist dieses Spitzengespräch für beide Seiten. Was der Staat erhofft, wird an Honeckers Aussage deutlich: "Den Kirchen als Kirchen im Sozialismus eröffnen sich heute und künftig viele Möglichkeiten des Mitwirkens an diesen zutiefst humanistischen Zielen. Wir gehen von der Beteiligung aller Bürger am Werk des Sozialismus aus, das im gesellschaftlichen wie im individuellen Interesse liegt." Dafür seien die Wertschätzung und großzügige Unterstützung der diakonischen Arbeit durch die staatlichen Organe ein deutlicher Ausdruck. Er betont die Gleichstellung und Gleichachtung jedes Bürgers.
Bischof Albrecht Schönherr erwiderte, dass es "beiden Seiten, je von ihren Voraussetzungen aus, um die Verantwortung für die gleiche Welt und den gleichen Menschen" gehe. Er macht deutlich, dass sich der Christ von seinem Glauben her mitverantwortlich weiß. Und formuliert eine klare Aussage: "Das Verhältnis von Staat und Kirche ist so gut, wie es der einzelne christliche Bürger in seiner gesellschaftlichen Situation vor Ort erfährt."
Es kommen einige wichtige Sachfragen zur Sprache: kirchliche Sendungen im Rundfunk und Fernsehen, Fragen der Seelsorge in Strafvollzugsanstalten und staatlichen Pflegeheimen, kirchliche Bauvorhaben, kirchliche Land- und Forstwirtschaft und mehr. Zudem wurde über die Vorbereitung des Lutherjahres 1983 gesprochen und um Unterstützung gebeten.
Wenig später kam es zur Fernsehpremiere: Bischof Schönherr hielt am 24. März 1978 im zweiten DDR-Programm eine Karfreitagsansprache, aufgenommen in der Berliner Marienkirche.
Im Juni 1978 Juni wird wieder Kirchentag in Erfurt gefeiert, zu dem die Reichsbahn fünf Sonderzüge bereitstellt. So können sich 25 000 evangelische Christen am Kirchenfest beteiligen. Zum Kirchentagsthema "Es geht ums Leben" wird in sechs Arbeitsgruppen über wichtige Themen gesprochen, zum Beispiel: Verantwortung für das Leben, Leben mit Nichtchristen, Sinnfindung und Krankheit …
Ab April erscheint in der Kirchenzeitung eine umfassende Umweltserie des Theologen Walter Saft: über den Preis des technischen Fortschritts, über Luft, Boden- und Wasserverschmutzung usw. 1979 schreibt der Autor über die Erdölkrise und den Energieverbrauch.
Ökumenisch werden Hoffnungen geweckt, als am 22. Oktober 1978 Kardinal Karol Wojtyla zum Papst gewählt wird. Der "Papst aus Polen" hebt jedoch den Bann gegen Luther, den die katholische Kirche 450 Jahre zuvor über den Reformator verhängte, auch anlässlich des Jubiläums der Übergabe des Augsburger Bekenntnisses an Karl V. nicht auf.

FUNDSTÜCKE
Friedensjahr: Die Christliche Friedenskonferenz beschließt 1978 auf ihrer internationalen Zusammenkunft in Prag, das Jahr 2000 als Friedensjahr aufzurufen und bis dahin die allgemeine und vollständige Abrüstung zu
erzielen.
Bibeln: Für evangelische Christen in der UdSSR bringt die Altenburger Bibelgesellschaft 5000 Lutherbibeln auf den Weg. Sie gehen an deutsch-lutherische Diasporagemeinden unter anderem in Sibirien, Kasachstan,
Kirgisien, Usbekistan.
Jugend: Zum Landesjugendsonntag am 24. Juni 1979 auf dem Pflugensberg/Stadtpark in Eisenach kommen rund 10 000 junge Christen unter dem Wort "Originale" zusammen. Zum Abschlussgottesdienst wird das Abendmahl mit 300 Kelchen gefeiert, die Gemeinden zur Verfügung gestellt haben.
Tragisch: In Falkenstein (Sachsen) verbrennt sich am 17. September 1978 der Pfarrer Rolf Günther vor seiner Gemeinde im Altarraum. Ein Plakat entrollt sich mit der Aufschrift: "Wacht endlich auf!" Die Tat, so die Kirchenzeitung, sei nicht politisch motiviert, sondern habe mit Spannungen in der Gemeinde
zu tun. 

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Autor:

Online-Redaktion

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