Bildung
Religionsunterricht in der Kritik
Der Religionsunterricht gerät zunehmend in die Kritik. Das zeigt unter anderem die Auseinandersetzung um die geplante Einführung des Wahlpflichtfachs „Weltanschauungen/Religionen“ an Berliner Schulen. Es soll inhaltlich von den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gestaltet werden. Daneben soll das Fach Ethik bestehen bleiben. Das hat die Regierungskoalition aus CDU und SPD im Koalitionsvertrag festgelegt.
Zweifel an der Umsetzbarkeit dieses Vorhabens wurden kürzlich in der Süddeutschen Zeitung (SZ) laut. Zum einen fehle es an Lehrkräften für dieses Fach, zum anderen stelle sich die Frage, ob der Religionsunterricht überhaupt noch zeitgemäß sei. Sie verweist dabei auf die abnehmende Bedeutung der beiden großen Kirchen mit rund 900 000 Austritten im vorigen Jahr. Außerdem wählten in vielen Bundesländern mehr und mehr Schüler den konfessionellen Religionsunterricht zugunsten des Fachs Ethik ab.
Auch in Berlin gehe das Interesse zurück. Bisher ist der Religionsunterricht in Berlin – wie in Bremen und Brandenburg – ein zusätzliches, freiwilliges Lehrfach. Das Vorhaben der Berliner Regierungskoalition stößt bei der oppositionellen Grünen-Fraktion auf Kritik. Die Pläne seien eine „Luftnummer“, sagte deren Sprecherin für Familie und Bildung, Marianne Burkert-Eulitz, der SZ. Das Vorhaben gehe am Bedarf vorbei, und das Land habe drängendere Probleme.
"Religionskunde für alle Schüler"
Bedenken kommen auch aus den Reihen der Muslime. Er sei nicht sicher, ob die Koalition sich der organisatorischen Bedeutung bewusst sei, erklärte Burhan Kesici, der den Religionsunterricht bei der Islamischen Föderation Berlin verantwortet. Es sei nicht klar, inwieweit Muslime und seine Organisation in die Konzeption des staatlichen Religionsunterrichts einbezogen würden. Knapp 60 Prozent der 3,4 Millionen Berliner sind konfessionslos, 21,5 Prozent evangelisch, 9,3 katholisch; 6,5 Prozent sind Muslime, und 0,6 Prozent gehören einer anderen Religion an.
Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, und der römisch-katholische Erzbischof Heiner Koch begrüßten die Absicht, den Religionsunterricht verpflichtend zu machen. Stäblein erklärte im Mai, in einer multireligiösen Gesellschaft sei religiöse Bildung von großer Bedeutung. Sie trage zu einem respektvollen und sachkundigen Dialog zwischen den Angehörigen verschiedener Religionen bei und diene deshalb „dem Frieden im Miteinander“.
Die Religionswissenschaftlerin Prof. Wanda Alberts schlägt vor, ein Pflichtfach „Religionskunde“ für alle Schüler einzuführen. Es solle unabhängig von den Religionsgemeinschaften gestaltet werden, sagte sie der SZ. Alberts: „Wenn Religionsgemeinschaften Religionsunterricht inhaltlich gestalten, ist das, als ob politische Parteien Politikunterricht gestalten würden.“
(idea)
Autor:Online-Redaktion |
1 Kommentar
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.