Predigt
Ein Fest der Erwartung

- hochgeladen von Mirjam Petermann
Die Engel sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Johannes 20, Vers 13
Ostern, so hat es sich im Laufe der letzten 2000 Jahre herausgestellt, ist der Umsturz im Denken, Fühlen, in der Lebensperspektive. Tot bleibt nicht tot.
Von Hans Mikosch
Den Toden in unserer Gesellschaft, in unseren Kirchgemeinden, in allen Lebensvollzügen ist die Axt an die Wurzel gelegt. Ostern wird daher als Fest der Neuschöpfung und Erneuerung gefeiert.
Dabei befanden sich die Jünger nach der Kreuzigung und Grablegung in Schockstarre und tiefer Trauer. Doch dann die Geschichte der Auferstehung: es ist eine zarte Frauengeschichte mit leisen Tönen.
Ostern ist also nicht der Tag, an dem man Jesus mit Siegesfahne aus dem Grab aufwärts steigen lassen muss. Nein, auch zu Ostern ist es – nach dem Verlust eines geliebten Menschen – zunächst einmal legitim zu weinen. Wie bei jedem menschlichen Abschied behält die Trauer ihr Recht. Aber sie muss nicht das letzte Wort behalten. Mitten im Weinen darf auf Neues gehofft werden. Nachösterlich leben heißt nicht, in einer Welt ohne Tränen zu leben. Es heißt aber sehr wohl, in der Gewissheit zu leben, dass einer neben mir steht und die Tränen trocknet.
In der Gestalt der Maria Magdalena bietet Johannes seiner traurigen und immer wieder verunsicherten Gemeinde ein Vorbild an. Von der Trauer zur Gewissheit ist der Weg überschrieben. Maria und die Gemeinde müssen lernen, Jesus loszulassen. Aber er ist da. Er erschließt sich. Er ist kein Leichnam der Vergangenheit, sondern ein durch und durch Gegenwärtiger wie Zukünftiger. Wir dürfen ihm begegnen: in seinem Wort, in Brot und Wein, im Wasser der Taufe, beim Gespräch am Krankenbett, beim Gutenachtgebet mit Kindern, auf dem Friedhof. Ostern ist ein Fest der Erwartung. Nichts wird so bleiben, wie es ist.
Der Autor ist Propst i. R., Gera.


Autor:Online-Redaktion |
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