Predigttext
Trost-Orte
Und unsre Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen: Wie ihr an den Leiden teilhabt, so habt ihr auch am Trost teil.
2. Korinther 1, Vers 7
Manche Bücher bleiben, auch wenn man sie schon längst wieder in das Bücherregal zurückgestellt hat. Zu manchen Büchern greift man immer wieder. Ich habe solche Bücher im Regal. Eins davon stammt von Katja Oskamp und trägt den Titel „Marzahn – Mon amour“.
Oskamp erzählt darin von einer Lebenskrise: Autorin, Mitte 40, die Kinder beginnen ihr eigenes Leben, die Verlage lehnen reihenweise ihr neustes Manuskript ab. Zur Midlife-Crisis kommt die materielle Not: Irgendwo muss das Geld ja herkommen. Sie schult um zur Fußpflegerin und beginnt in einem Kosmetikstudio im Plattenbaubezirk. Ihr Buch enthält Kurzbiografien von Kunden.
Ein Buch voller Leben, mit allem, was dazu gehört: Freude und Leid, Brüche und neue Chancen, Gelingen und Versagen. Und sie denkt nach über die Art und Weise, wie wir Menschen mit großen und kleinen Brüchen unseres Lebens umgehen. Da gibt es die Leugner. Da gibt es die, die am Leid zu zerbrechen drohen. Da gibt es die, die noch den kleinsten Schnupfen als persönliche Kränkung empfinden. Da gibt es die Kreativen, die versuchen, das Beste draus zu machen. Oskamp verurteilt keine dieser Strategien, sondern hört zu, gibt Lebenswegen einfach Raum.
Und so wird der Fußpflegestuhl ein Trost-Ort. Hier wird offen über die Absurditäten unseres Lebens gesprochen. Hier haben die offenen Wunden Platz. Hier freut man sich an Glücksmomenten. Hier schaut man manchmal gemeinsam über den Tellerrand. Hier entdeckt man manchmal neue Lebensoptionen.
Der Predigttext für den Sonntag Lätare beschreibt auch einen Trost-Ort. In die Verwundungen einer zerstrittenen Gemeinde hinein malt Paulus ein Bild. Das Bild einer Leidensgemeinschaft. Das Bild einer Trostgemeinschaft. Ein Ort, wo Menschen einander von ihren Verwundungen erzählen und sich stützen. Ein Ort, über den Tellerrand der eigenen Verwundungen hinauszuschauen – auf Jesus, den Gekreuzigten und Auferstandenen, der alles Leid selbst durchschritten hat. Sein Lebensatem macht diese Trostgemeinschaft erst möglich. Sein Lebensatem nährt die Hoffnung. Sein Lebensatem lässt Trost durch uns fließen. Die Gemeinde als Leidens- und Trostgemeinschaft zwischen Menschen, zwischen Menschen und Christus. Was für ein Bild in diesen leidvollen Tagen!
Autor:Online-Redaktion |
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