Zwischenruf
AfD verhindern – aber wie?
Erst belächelt, dann ignoriert, mittlerweile verteufelt: Scheinbar unaufhaltsam nehmen die Wahlerfolge der AfD zu. Im ARD-Deutschlandtrend liegt die Partei bundesweit bei 20 Prozent. Danach wäre sie die zweitstärkste politische Kraft im Land; erfolgreicher als die Kanzlerpartei SPD. Da rollt eine gesellschaftliche Feuerwalze auf uns zu. Und die Frage ist, ob es reicht, das Feuer zu beschimpfen, oder ob es nicht sinnvoller wäre, mit aller Anstrengung zu versuchen, dem Feuer die Nahrung zu entziehen.
Anders ausgedrückt: Die Gesellschaft braucht dringend eine neue Strategie, um die Menschen zu erreichen, die ihre Stimme der AfD geben oder demnächst geben könnten. Es genügt nicht, sie als Faschisten zu beschimpfen. Das kann man natürlich tun, darf sich dann aber nicht wundern, wenn diese Menschen für gute Argumente nicht mehr zugänglich sind.
Klimakrise. Kampf um N-Worte und Z-Schnitzel. Die geliebte Pippi Langstrumpf plötzlich rassistisch. Gendersternchen. Migration. Die Menschen der westlichen Gesellschaften stehen vor großen Veränderungen. Es sind notwendige Veränderungen. Gerade deshalb ist es wichtig, sie mitzunehmen, zu überzeugen. Viele fühlen sich überfordert, machen dicht. Das mag nicht entschuldigen, dass sie eine Partei wie die AfD wählen. Und doch tun sie es.
Man kann die Wählerinnen und Wähler der AfD natürlich auch aufgeben. Oft heißt es ja: Faschismus und rechtes Gedankengut seien in die Mitte der bürgerlichen Gesellschaft zurückgekehrt. Subtext: Die erreicht man nicht mehr mit Vernunft und guten Worten; die kann man abschreiben. Aber was bedeutet das in einer Demokratie, wenn die Gesellschaft einen Großteil der Wahlberechtigten aufgibt?
Wir, die liberale, aufgeklärte und an Menschenrecht und -würde orientierte Gesellschaft, müssen möglichst viele der potenziellen Wählerinnen und Wähler der AfD zurückgewinnen – oder es zumindest versuchen, auch in Kirchengemeinden und -vorständen. Das geht nur, indem wir überzeugen. Oder zumindest nachdenklich machen. Und das heißt: miteinander reden, inklusive zuhören.
Eine der eindrucksvollsten Erzählungen von Buße und Umkehr ist die biblische Geschichte vom verlorenen Sohn. Jahrelang auf Irrwegen, kehrt der schließlich reumütig nach Hause zurück. Ob das geklappt hätte, wenn der Vater ihn die ganze Zeit über Dummkopf, Versager und Verräter genannt hätte?
Sicher, es gibt keine Garantie, dass diese Strategie im Umgang mit möglichen Wählerinnen und Wähler der AfD funktioniert. Aber: Wer einen Vorschlag hat, der mehr Erfolg verspricht – her damit.
Gerd-Matthias Hoeffchen
Autor:Online-Redaktion |
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