Debatte
Ein Pfarrer für die AfD
Martin Michaelis erkennt keine Illoyalität gegenüber der EKM
Pfarrer Martin Michaelis, der als Parteiloser auf der Liste der AfD in Quedlinburg (Kirchenkreis Halberstadt) als Stadtrat kandidiert, ist von der EKM der Pfarrauftrag entzogen worden. "Es ist zwar im Interesse der Kirche, dass sich Pfarrerinnen und Pfarrer auch politisch engagieren, dies gilt jedoch nicht für das Engagement in Parteien, die verfassungsrechtlich fragwürdige Positionen einnehmen", so EKM-Personaldezernent Michael Lehmann in einer Mitteilung.
Als Pfarrer der EKM sei Michaelis dieser zur Loyalität verpflichtet sowie an die Grundsätze ihrer Verfassung gebunden. "Die Position der EKM indiziert, dass die Kandidatur eines Pfarrers für die AfD, wenn auch als Parteiloser, mit der ihm obliegenden Treue- und Loyalitätspflicht nicht vereinbar ist."
Lehmann betonte auf Nachfrage, dass Michaelis dienstrechtlich betrachtet, ein Pfarrer sei, der "im Augenblick" keine Dienststelle habe. "Es ist Aufgabe der Landeskirche, ihm einen angemessenen Auftrag zu erteilen."
Michaelis sagte der Nachrichtenagentur "kna": "Das Pfarrdienstgesetz sieht ausdrücklich vor, dass wir für Kommunalwahlen und andere Wahlen kandidieren dürfen." Der Nachweis, dass dies aus Illoyalitätsgründen nicht möglich sein solle, sei bisher nicht erbracht worden. Er verlangt "eine ordentliche Auseinandersetzung".
Michaelis hatte erst zum 1. November 2023 den Pfarrbereich Gatersleben in Sachsen-Anhalt, nahe seines Wohnortes Quedlinburg, übernommen. Zuvor war er als Personalvertreter bei der EKM tätig. Während der Pandemie sorgte er für Kritik, weil er sich öffentlich gegen staatliche und kirchliche Infektionsschutzregeln aussprach.
Nach einem Auftritt bei einer Demonstration im südthüringischen Sonneberg gegen die Corona-Maßnahmen setzte die Pfarrergesamtvertretung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) Michaelis als Vorsitzenden im März 2022 ab. Darüber hinaus entzog im April 2022 der Vorstand des Thüringer Pfarrvereins Michaelis sein Amt als Vorsitzender.
AfD: Kritik völlig überzogen
Dem Landeskirchenamt der EKM hatte der Pfarrer am 9. März mitgeteilt, dass er zur Stadtratswahl in Quedlinburg am 9. Juni als Parteiloser auf der Liste der AfD als Stadtrat kandidieren würde. Daraufhin wurde ihm die Beauftragung für den Pfarrbereich Gatersleben mit Wirkung zum 15. März entzogen.
Kritik an der Entscheidung der EKM übte der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt und religionspolitische Sprecher Hans-Thomas Tillschneider. Er nannte die Reaktion der Kirche „völlig überzogen und von einer ganz und gar unchristlichen Härte geprägt“. Das kirchliche Vorgehen habe „mit christlichen Prinzipien nichts mehr zu tun“. Die politische Korrektheit im Zeichen des Regenbogens habe das Evangelium ersetzt. „Die Kirche ist zu einer zweiten grünen Partei geworden und gebärdet sich dabei zunehmend intolerant.“
EKD: AfD und Kirchenamt unvereinbar
Unterdessen hat die amtierende EKD-Ratsvorsitzende, Bischöfin Kirsten Fehrs die Ansicht vertreten, dass eine AfD-Mitgliedschaft unvereinbar mit einem Kirchenamt sei. „Die AfD propagiert eine menschenverachtende Politik und wird wahrscheinlich in naher Zukunft verfassungsrechtlich als rechtsextrem eingestuft. Die führenden Vertreter der Partei distanzieren sich nicht von rechtsextremen Positionen. Das ist mit Kirchenämtern nicht vereinbar.“ Allerdings sei es aus rechtlichen Gründen „anspruchsvoll“, dies in die Praxis umzusetzen. Fehrs: „Wir müssen noch eine Form finden, wie wir das in konkretes Recht übersetzen können.“
Der Verfassungsschutz in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stuft die drei Landes-AfDs als "gesichert rechtsextreme Bestrebung" ein.
(kna/idea/red)
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Autor:Online-Redaktion |
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