Wort zur Woche
Eine WG mit dem König – Renovieren inklusive
Wort zur Woche Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.
Sacharia 9, Vers 9
Ich dachte, er wolle bloß auf Besuch kommen. Der König. Aber ich hatte noch nie Könige zu Besuch. Ob ich besonders sauber machen sollte? Neu dekorieren? Einen roten Teppich kaufen? Muss es Sekt zum Empfang sein? Mir wäre Tee viel lieber. Wo platziere ich den hohen Gast? Dort, wo wir immer sitzen, stehen nur Holzstühle. Die mögen wir eben. Aber ein König? Und darf ich ihn bitten, dass er die Schuhe auszieht? Er bekäme auch Gästelatschen.
Wie gesagt, zuerst dachte ich an Besuch. Besuch schaffe ich schon irgendwie. Der geht ja wieder und ich lebe weiter, wie ich will. Doch er will bleiben, der König. Einziehen sogar. Eine WG mit mir gründen. In meinen Räumen. Einrichten will er sich. Keine Ahnung, ob er was an Gerätschaften mitbringt, es sieht nicht danach aus. Meine Möbel müssen wir etwas verrücken. Ob sie ihm gefallen? Ich werde ein paar Fächer leeren. Einige alte Klamotten von der Garderobe nehmen, das Schuhregal lichten. Das klapprige Gästebett erneuern. Falls ich es noch schaffe …
Ich habe noch mal nachgefragt. Ehe ich anfange mit verschiedenen schnellen Veränderungen. Fragen kostet ja nix. Schließlich bin ich ungeübt. Und nein, so hieß es, ich brauche jetzt nicht ein paar Kleinigkeiten zu kaschieren. Ich solle bloß aufmachen, wenn er anklopft, der König. Ich würde schon merken, dass Er es ist.
Er würde sich dann mit mir ums Renovieren kümmern. Wohl sogar Wände versetzen, die Fenster vergrößern. Klar, dass dann die alten Möbel nicht mehr alle passen. Aber das käme Stück für Stück. Alles würde neu. Manches Teil ist ohnehin nicht mehr zu gebrauchen, das weiß ich selbst.
Bezahlt wäre übrigens schon alles. Und – so wurde mir versichert – die Neuerungen würden mir auf jeden Fall guttun. Würden die Lebensgeister wecken. Ich würde mich selbst neu entdecken. Manche Mitmenschen auch. Ich würde Seiten an mir wahrnehmen, die ich noch gar nicht bemerkt hatte. Kräfte mobilisieren, die ich noch nicht kannte … Wenn ich’s recht bedenke – keine so schlechten Aussichten …!
Cord Exner, Pfarrer in Harzgerode
Autor:Online-Redaktion |
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