Predigttext
Mut zum Risiko
Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast; und ich fürchtete mich, ging hin und verbarg meinen Zentner in der Erde.
Matthäus 25, Vers 24 b + 25
Gehören Sie zu den Menschen, die gern mal was ausprobieren? Oder sind Sie eher vorsichtig? Zwei der drei Knechte im Gleichnis von den anvertrauten Pfunden sind risikobereit und vermehren das Geld, das ihnen ihr Herr anvertraut hat. Sie tun etwas und haben Erfolg. Der dritte ist ängstlich. Wenn er scheitert, wird er bei seinem gestrengen Herrn in Ungnade fallen … Deshalb vergräbt er lieber seinen Zentner.
Das Gleichnis irritiert zunächst: Sollte Jesus, der so vehement gegen den Mammon gepredigt hat, den Aktionären eine goldene Brücke bauen? Natürlich nicht. Denn bei den anvertrauten Pfunden geht es nicht um materielle Dinge, sondern um die Talente seiner Nachfolger.
In der Broschüre zu den "Erprobungsräumen" der mitteldeutschen Landeskirche wurde ich auf eine kleine Kirchengemeinde im Alten-burger Land aufmerksam: Nöbdenitz. Vor vielen Jahren fürchteten die Christen im 860-Einwohner-Dorf, dass durch Strukturreformen ihr Gemeindeleben noch weiter schrumpft, und sie bald keinen Pfarrer mehr haben werden. Was soll werden? Entweder wir machen dicht oder lassen uns etwas einfallen.
Mithilfe des Projektes „Erprobungsräume“ und Ehrenamtlichen wurde etwas gewagt: Mehr Verantwortung übernehmen; schauen, was die Menschen im Ort brauchen – nicht nur die Kirchenmitglieder. Einer der Protagonisten sagte damals: „Mir ist klar geworden: Ich mache das hier nicht für den Pfarrer, sondern für Jesus.“
Im Laufe der Jahre hat sich das kirchliche Leben in Nöbdenitz entwickelt – Kultur, Bildungswerkstätten und anderes finden nicht nur im Ort Anklang. Die Kirche ist wieder Mitten im Dorf angekommen. Ohne Mut zum Risiko wäre es der Kirchengemeinde ergangen wie dem dritten Knecht, dem sein einziger Zentner genommen wird.
In der Kirche darf experimentiert werden, selbst auf die Gefahr hin, dass das eine oder andere nicht funktioniert. Wenn eine Gemeinde nicht ängstlich auf die abnehmenden Zahlen in der Kirche schaut, wenn sie die alten Gleise verlässt und fröhlich nach den Gaben und Talenten Ausschau hält und sie ausschüttet, können Wunder geschehen.
Dietlind Steinhöfel
Autor:Online-Redaktion |
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