500 Jahre Gesangbuch
Zwischen den Notenzeilen
Wie muss sich wohl Richard Heuke aus Ebeleben gefreut haben, als er zu seiner Konfirmation im Jahr 1893 ein Gesang- und Gebetbuch geschenkt bekam!
Von Reiner Schmalzl
Das in der Hofbuchdruckerei von Friedrich August Eupel in Sondershausen erschienene Gesangbuch für die evangelisch-lutherische Landeskirche des Fürstentums Schwarzburg-Sonderhausen war der damals regierenden Fürstin Marie (1845–1930), Herzogin zu Sachsen, gewidmet gewesen. Auf dem Buchtitel leuchtete sogar der golden eingeprägte Name des Konfirmanden R. Heuke. Während das Büchlein anfangs zwar in Gebrauch gewesen sein muss, hat es die Wirren der Zeiten, vom Kaiserreich bis zum wieder vereinten Deutschland, insgesamt recht schadlos überstanden.
Nahezu druckfrisch wirkt hingegen ein Gesang- und Gebetbuch mit den „neuesten und alten Liedern des seligen Dr. Luther und anderer erleuchteten Lehrer“ von 1858 in zauberhaft glänzendem Goldschnitt. Die in Weimar geborene spätere Gräfin Emma Henckel von Donnersmarck (1834–1912) bekam dieses wunderbare Exemplar als 24-Jährige geschenkt, wie aus der Widmung hervorgeht. Das 1846 im damals so bezeichneten Alt-Stettin verlegte Gesangbuch war in jener Zeit als „Heiliges Lippen- und Herzens-Opfer einer gläubigen Seele“ überschrieben und „zur Beförderung der Gottseligkeit“ beim öffentlichen Gottesdienst in Pommern und anderen Orten empfohlen worden. Das in der österreichisch-deutschen Adelsfamilie sorgsam bewahrte Gesang- und Gebetsbüchlein tauchte vor geraumer Zeit in einem Mühlhäuser Antiquariat auf. Rätselhaft dürfte aber sein, welche guten Geister diesen Schatz mit evangelischer Kirchenmusik und Gebeten durch drei Jahrhunderte behütet haben.
„Mutter“ aller Gesangbücher
Aber schon weit früher wäre ohne Musik die Vielfalt heutiger Gottesdienste wohl nicht möglich gewesen. Denn mit der am 4. Januar erschienenen Sonderbriefmarke wird an das Jubiläum „500 Jahre Evangelisches Gesangbuch“ erinnert. Als „Mutter aller Gesangbücher“ gilt nämlich eine Zusammenstellung von acht Liedern mit dem Titel „Etlich Cristlich lider / Lobgesang und Psalm“, die der Drucker Jobst Gutknecht zur Jahreswende 1523/24 in Nürnberg veröffentlichte. Enthalten sind darin vier Werke von Martin Luther, drei von Paul Speratus und eines, das Justus Jonas zugeschrieben wird.
Die vor Luzia Hein entworfene Briefmarke zu 100 Cent zeigt eine stilisierte Illustration des Gesangbuchs sowie die Schlosskirche der Lutherstadt Wittenberg. Der Reformator Martin Luther soll seine berühmten 95 Thesen ja am 31. Oktober des Jahres 1517 an die Tür des Haupteingangs jener Kirche angebracht haben. „Die Sondermarke übersetzt das historische Thema in eine zeitgemäße, moderne Gestaltung und nimmt visuell Bezug auf ein Kirchenfenster, das von hinten durchleuchtet wird“, betont die Hamburger Designerin. Eine Besonderheit und zugleich Novum ist deren im Sockel des Kirchturms verstecktes Kürzel LH für Luzia Hein, was eher unüblich auf deutschen Briefmarken ist.
Gezacktes Kunstwerk
Das gezackte Kunstwerk verkörpert außerdem in den dominierenden Farben Rot die Liebe und Leidenschaft, in Grün die Hoffnung, in Blau die Stille und Gelassenheit sowie in Goldgelb die Sonne und Lebensfreude.
Autor:Online-Redaktion |
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