Scheidung
"Ich fühle mich als Zahlvater"
Trennungskinder bekommen seit Jahresanfang von ihren unterhaltspflichtigen Elternteilen deutlich mehr Geld. Die neue «Düsseldorfer Tabelle» trat zum 1. Januar in Kraft. Betroffene Eltern fühlen sich ungerecht behandelt.
Von Stefanie Unbehauen (epd)
Ob Bürgergeld, Erhöhung des Kinderfreibetrags oder steuerliche Änderungen bei der Rente. An Neujahr sind viele Änderungen in Kraft getreten. So auch die Anpassung des Kindesunterhalts in der sogenannten Düsseldorfer Tabelle. Damit müssen nun unterhaltspflichtige Elternteile mehr Geld an den betreuenden Elternteil zahlen, der Mindestunterhalt ist je nach Alter eines Kindes um 41 bis 55 Euro pro Monat gestiegen.
Fabian Zimmermann (Name geändert) muss seit 1. Januar insgesamt 1.044 Euro monatlichen Unterhalt für seine zwei Kinder zahlen. «Ich fühle mich als Zahlvater», sagt der 42-Jährige. Sein Sohn und seine Tochter leben im rund 450 Kilometer von ihm entfernten Allgäu bei ihrer Mutter. Der Sales Manager im Außendienst wünscht sich mehr Zeit mit seinem Nachwuchs. Dafür ist er auch bereit, beruflich kürzerzutreten. «Wenn meine Kinder bei mir sind, nehme ich in der Woche konsequent keine Termine bei Kunden an», betont er.
Auch Thomas Metz (Name geändert) hatte letztens einen Brief im Postkasten. «Für mein sechsjähriges Kind muss ich jetzt 595 Euro zahlen. Dass ich für ihn auch ein Kinderzimmer finanzieren und Medikamente, Betreuungs- und Fahrkosten bezahlen muss, wird nicht berücksichtigt», sagt er. Er fühle sich ungerecht behandelt. Beide betroffenen Väter möchten anonym bleiben.
Der Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter e. V. (VAMV) begrüßt die Anhebung. «Der deutliche Anstieg des Kindesunterhalts ist gut und dringend notwendig», sagt Bundesvorsitzende Daniela Jaspers.
Bereits 2018 gaben Alleinerziehende nach Daten des Statistischen Bundesamtes für ein Kind im Durchschnitt 710 Euro im Monat aus. Der VAMV bewertet den Mindestunterhalt auch nach der Anhebung als zu niedrig. «Alleinerziehende zahlen drauf, wenn der Unterhalt nicht reicht», betont Jaspers.
Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht betont hingegen, dass in den letzten drei Jahren der gesetzliche Kindesunterhalt um mehr als 21 Prozent gestiegen sei. Auf der Seite der Unterhaltszahlenden wachse die Unzufriedenheit, sagt Verbandssprecher Josef Linsler. «Die Reaktionen von Mitgliedern auf die jüngsten Erhöhungen fallen verheerend aus.»
Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht mit Sitz in Nürnberg ist eine Selbsthilfeorganisation, die ihren Mitgliedern Unterstützung bei unterhalts- und familienrechtlichen Fragen bietet. Der Verein vertritt die Interessen Unterhaltszahlender ebenso wie -empfangender. Er besteht nach eigenen Angaben zu 43 Prozent aus Frauen und zu 57 Prozent aus Männern.
Linsler betont: «Es gibt auch immer mehr Mütter, die unterhaltspflichtig sind, weil sie erwerbstätig sind und der Vater der Kinder Hausmann ist.» Besonders Frauen seien oft erstaunt über die Höhe des zu zahlenden Unterhalts und den niedrigen Selbstbehalt. Der Selbstbehalt für den unterhaltspflichtigen Elternteil stieg zum 1. Januar von 1.160 Euro auf 1.370 Euro für Erwerbstätige. «Unser Vorschlag lag bei 1.480 Euro», sagt Linsler und erklärt: «Das Kernproblem sind die Wohnkosten.»
Er gibt zu bedenken: «Der Wohnraum muss auch für den Umgang mit Kindern geeignet sein.» Unterhaltspflichtige machten oft schlechte Erfahrungen vor den Familiengerichten. «Wenn der Unterhaltpflichtige den Mindestunterhalt nicht zahlen kann, sagen Familiengerichte oft, er solle sich einen Zweitjob suchen.» Was dabei oft nicht bedacht werde: «Menschen im Niedriglohnsektor leisten oft körperlich sehr anstrengende Arbeit.»
Autor:Katja Schmidtke |
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