Diskussion bei Thüringer Arbeitszeitkonferenz
Sonntagsöffnung kein Allheilmittel für den ländlichen Raum

- Ministerin Katharina Schenk war Gast bei der Arbeitszeitkonferenz.
- Foto: Ev. Akademie Thüringen
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Das Thema „24-Stunden-Öffnung vollautomatisierter Kleinstsupermärkte“ wird von Vertretern und Vertreterinnen von Gewerkschaften und Kirchen kritisch gesehen. Zur Stärkung des ländlichen Raums werden viel umfassendere Maßnahmen gefordert. Das ist ein Ergebnis der 11. Thüringer Arbeitszeitkonferenz, die zum Thema Arbeitszeit und Zukunft der Arbeit in Thüringen in Neudietendorf stattgefunden hat. Unter dem Motto „Zeit, dass wir was drehen“ wurden aktuelle Debatten aus Arbeitswelt und Wirtschaft aufgegriffen.
Beim Thema „24-Stunden-Öffnung vollautomatisierter Kleinstsupermärkte“ wurde es besonders kontrovers. Mit Knut Bernsen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Thüringen, und Dr. Ralf Stroh, Zentrum für gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, standen zwei profilierte Experten zu Pro und Contra zur Verfügung. Stroh hob den Wert und die Geschichte der freien Sonn- und Feiertage als gemeinsame freie Zeit für Familie, Hobbys und Ehrenamt hervor. Bernsen betonte, dass der Handel bei den 24/7-Läden auf Wünsche der Politik und der Bevölkerung nach mehr Einkaufsmöglichkeiten auf dem Land reagiere.
„Das Publikum diskutierte kontrovers, kritisch und differenziert. Die Position von Gewerkschaftern und Kirchen war insgesamt sehr klar: Für gleichwertige Lebensverhältnisse im ländlichen Raum braucht es bessere Infrastruktur: Begegnungsorte, Gesundheitsversorgung, Gastronomie, ÖPNV, Kultur. Hier wurde viel versäumt. Die Stärkung des ländlichen Raums und gleichwertige Lebensverhältnisse werden aber nicht durch die Sonntagsöffnung von Automatensupermärkten erreicht“, so das Resümee von Dr. Frank Fehlberg, Referent für den Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM).
Entsprechend kritische Fragen wurden auch an die Thüringer Arbeitsministerin Katharina Schenk gerichtet, die zu Gast war. Sie erläuterte, dass die vollautomatisierten 24/7- Supermärkte Teil des Koalitionsvertrags sind und eingeführt werden. „Sie betonte aber auch die Bedeutung von Arbeitsschutz und guter Arbeit für höhere Lebensqualität und im Zuge des Wettbewerbs um Fachkräfte“, so Fehlberg. Sie lehne die aktuelle Diskussion um fehlende Leistungsbereitschaft ab. Es müsse vielmehr über eine zeitgemäße Arbeitskultur und Arbeitszeitverkürzung gesprochen werden. Zudem bekannte sie sich zur Umsetzung des bestehenden Rechts im Land Thüringen und zur Notwendigkeit von mehr Kontrollen.
Die fachlichen Schwerpunktthemen der Konferenz waren die sozial-ökologische Transformation am Beispiel des Projekts ECO2WEL im Eichsfeld, die intensive Befassung mit dem Thema Arbeitskammern sowie die alltägliche Praxis des Arbeitszeitrechts.
Hintergrund:
Die EKM ist Mitglied in den Allianzen für den freien Sonntag in Sachsen-Anhalt und Thüringens. Diese Initiativen werden von gewerkschaftlichen und kirchlichen Organisationen sowie Vereinen unterstützt und setzen sich für den Sonntag als Tag der Arbeitsruhe, der Religionsausübung, der Familie und des Ehrenamts ein. Sie wollen den konsequenten Schutz der arbeitsfreien Sonn- und Feiertage sicherstellen. Seit Jahren vollzieht sich demnach eine schleichende Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes in immer mehr Wirtschaftsbereichen. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes steige die Wochenend-Arbeit deutlich an. Die Allianz für den freien Sonntag in Thüringen gibt es seit 2012, Mitglieder sind der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (KDA EKM), die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB), der DGB Hessen-Thüringen, die Gewerkschaft NGG, die IG Metall sowie ver.di.
Weitere Informationen im Internet: www.allianz-fuer-den-freien-sonntag.de
Autor:susanne sobko |
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