Damenprogramm
Grande Dame der Diakonie: Brigitte Schröder, Gründerin und langjähriger Motor der Grünen Damen und Herren, eine der größten Organisationen für Ehrenamtliche, der Kranken- und Alten-Hilfe.
Von Ebba Hagenberg-Miliu
Alles fing damit an, dass sich in den 60er-Jahren eine deutsche Außenministergattin auf Reisen im üblichen Damenprogramm langweilte: Brigitte Schröder (1917–2000) schlug vor, in Washington Krankenhäuser zu besichtigen. Sie war die Frau des damaligen Chefdiplomaten Gerhard Schröder (CDU) – nicht zu verwechseln mit dem späteren SPD-Bundeskanzler – und hatte bereits als engagierte Lokalpolitikerin in Düsseldorf ein Herz für soziale Themen gezeigt.
Nun also inspizierte sie US-Kliniken und lernte die »Pink Ladies« kennen. Die Ehrenamtlichen in rosa Kitteln besuchten die Patienten. »Und da sah ich die Lücke in Deutschland«, erinnerte sich Schröder später. »So kam es zu den Grünen Damen bei uns.«
Seit 1969 besuchen auch in Deutschland Ehrenamtliche Menschen in Altenheimen und Krankenhäusern, machen kleine Besorgungen, haben Zeit für ein Gespräch, trösten und hören zu. Ihr Erkennungszeichen sind Kittel in Lindgrün – denn das Rosa der Wa-
shingtoner Ideengeberinnen missfiel Schröder, nüchtern, wie sie war. Derzeit sind mehr als 8 000 Grüne Damen und rund 700 Grüne Herren für die Evangelische Kranken- und Alten-Hilfe (eKH) im Einsatz.
Schröder wurde vor 100 Jahren, am 28. Juli 1917, in Breslau als Tochter eines Bankiers geboren. Die Ehe mit Gerhard Schröder im Jahr 1941 konnte nur mit einer Sondergenehmigung geschlossen werden, da sie zwei jüdische Großelternteile hatte. Die Mutter von drei Kindern galt als energisch und organisationsbegabt und knüpfte auch bei der Gründung der Grünen Damen und Herren schnell die entscheidenden Fäden. Alles begann im Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf, in dessen Kuratorium sie saß und wo sie eine Gruppe Einsatzbereiter um sich versammelt hatte. »Am Anfang bin ich schon von Krankenhaus zu Krankenhaus gefahren, habe Klinken geputzt«, erinnerte sie sich später. Jede Stationsschwester musste überzeugt, jedes Haus musste Stück für Stück erobert werden, bis das »Lieblingskind« der zupackenden Frau zum unverzichtbaren Dienst an heute mehr als 750 Krankenhäusern und Altenheimen im gesamten Bundesgebiet werden konnte. Fast im Alleingang organisierte Schröder von Bonn aus, dass Ehrenamtliche auf Station vorlasen, zu Spaziergängen luden und kleinere Dienste erledigten. Erst 1992 kam in der Zentrale ein Geschäftsführer hinzu. Die eKH wuchs. Die Mitarbeiterschaft ist keineswegs nur evangelisch, die Arbeit ökumenisch. Der gemeinsame Nenner heißt: christliche Nächstenliebe. 1979 fand sich der erste Grüne Herr. Heute sind rund zehn Prozent Männer. Krankenhäuser und Altenheime beteiligten sich an der Finanzierung der Nebenkosten.
Schröders Nachfolgerinnen im Vorstand, Gabriele Trull und inzwischen Käte Roos, haben die eKH in einen eingetragenen, gemeinnützig anerkannten Verein überführt und nach dem Tod der Gründerin die Brigitte-Schröder-Stiftung gegründet. Die Geschäftsstelle ist in Berlin. Immer noch finanziert sich die eKH hauptsächlich durch Spenden. Man steht nach eigenen Angaben in freundschaftlichem Austausch mit der 1971 gegründeten Katholischen Krankenhaus-Hilfe. Und immer stehen neue Aufgaben an: etwa die Begleitung von Menschen mit Demenz oder mit Migrationshintergrund.
Brigitte Schröder starb im Jahr 2000 in Bonn. »Meine schönsten Momente sind natürlich immer die, wenn neue eKH-Gruppen zu uns stoßen«, sagte sie 1996. »Ich habe ja schon immer auf der positiven Seite gelebt. Das ist mein Lebensprinzip.«(epd)
Autor:Adrienne Uebbing |
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