Eine Zeit zum Spielen
Kommentar von Elke Stricker
Ich habe einen. Einen »Finger Spinner« – zu deutsch: einen Finger-Dreher. Was das ist? Das ist ein etwa handtellergroßes Spielzeug. Zwei, doch meistens drei Flügel werden von einem Kugellager in der Mitte angetrieben. Dabei erreichen sie eine erstaunliche Geschwindigkeit.
Ich stoße einen der Flügel an, gebe dem Drehdings Schwung und versuche ihn dann auf einem Finger auszubalancieren. Wenn er ordentlich Schwung hat, dreht er sich bis zu zwei Minuten. Jugendliche schaffen zudem erstaunliche Tricks, aber den Ehrgeiz habe ich gar nicht.Wozu ist so ein Spinner nütze, fragen Sie? Zu gar nichts, ehrlich gesagt. Es ist eine dieser nutzlosen Spielereien, mit denen es sich vortrefflich »fentern« lässt. Ein »Fachbegriff«, mit dem meine Familie solch sinnloses Treiben seit jeher bezeichnet.
Aber gibt es sowas wie sinnloses Treiben wirklich? Der Prediger Salomo sagt: »Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde«. Seine Beispiele – lachen und weinen, verlieren und behalten und viele mehr – würde ich ergänzen und sagen: »Spielen hat seine Zeit und ernst sein hat seine Zeit.« Mir machen gerade diese vermeintlich nutzlosen Dinge im Leben Spaß. Sie erlauben eine Auszeit von all den Ernsthaftigkeiten des Alltags. Ich beobachte meinen Spinner, genieße das leichte Vibrieren des Kugellagers, das sich vom Finger über die Hand zum Arm fortsetzt. Oder ich verwandle die Welt in kunterbunte Muster, wenn ich durch mein Kaleidoskop schaue – auch so eine nutzlose Fenterei.
Danach habe ich den Kopf wieder frei für Ernsthaftes. Und ich freue mich auf die nächste Auszeit mit meinem neuen Spielzeug.
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