Titel ohne Mittel
Tag des offenen Denkmals: Zum siebenten Mal wird zum »Deutschen Orgeltag« eingeladen. Ob Orgelbau und -musik in die Liste des immateriellen Welt-Kulturerbes aufgenommen werden, will die UNESCO bis Ende 2017 entscheiden.
Von Michael von Hintzenstern
Die Initiative zu dem 2016 vom Auswärtigen Amt in Paris eingereichten Antrag ging von der Vereinigung der Orgelsachverständigen Deutschlands aus. Eindrucksvoll sind die Zahlen, die von ihr ins Feld geführt wurden. So gibt es in Deutschland 400 Orgelbaubetriebe mit etwa 2 800 Mitarbeitern und 180 Lehrlingen, die das Handwerk und die Kunst des Orgelbaus prägen. Ungefähr 50 000 Orgeln sind derzeit hierzulande im Einsatz. Die Instrumente werden von 3 500 hauptamtlichen und Zehntausenden ehrenamtlichen Organisten gespielt.
Um auf diese einzigartige Situation aufmerksam zu machen, sollen jeweils am zweiten Sonntag im September überall in Deutschland »Orgeln zu hören, zu sehen und zu besichtigen sein«, heißt es auf der Homepage des Orgeltages. Hier kann sich jeder Veranstalter eintragen und auf seine Aktivitäten aufmerksam machen. Da am Denkmaltag ohnehin viele Menschen unterwegs sind, ergeben sich Synergien!
Ein schönes Beispiel dafür ist die 1825 nach Plänen des großherzoglichen Oberbaudirektors Clemens Wenzeslaus Coudray im klassizistischen Stil errichtete Kirche in Rastenberg im Kirchenkreis Apolda-Buttstädt, in der 1828 Johann Friedrich Schulze aus Paulinzella eine klanggewaltige Orgel errichtete, die etappenweise von der Firma Eule aus Bautzen restauriert wird. »Wir sind Förderprojekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz geworden«, berichtet nicht ohne Stolz Udo M. Schneider vom rührigen Orgelförderverein. Der Pianist Eddy Teger, Songschreiber von Herbert Grönemeyer, die Opernsängerin Irke von Schlichting, der Gitarrist Volker Höh und der Stargeiger Rolf Bischoff gestalten hier einen Abend der Reihe »Hör-mal im Denkmal« der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen am 9. September um 20 Uhr.
Ein wichtiger Förderer ist die seit zehn Jahren bestehende Stiftung Orgelklang, die im Laufe des Jahres unter anderem mit jeweils 4 000 Euro die Friedrich-Gerhardt-Orgel in St. Maximi zu Merseburg in Sachsen-Anhalt und die Christian-Sigismund-Voigt-Orgel in Zeutsch im Kirchenkreis Rudolstadt-Saalfeld unterstützen wird.
»Jede Orgel ist ein Unikat, weil sie einzig für den architektonischen Raum erbaut wird, in dem sie erklingen soll. Das für den Orgelbau und die Orgelmusik notwendige hochspezialisierte Wissen und die besonderen Fertigkeiten wurden von Handwerkern, Komponisten und Musikern über Jahrtausende entwickelt«, erklärt Professor Christoph Wulf, Vizepräsident der Deutschen UNESCO-Kommission.
Doch was nützt der heiß umkämpfte Titel? Er bringt zwar keine Mittel, aber eine globale Wertschätzung, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Der UNESCO geht es nämlich seit 2003 um den Schutz, die Dokumentation und den Erhalt von Kulturformen, die von Generation zu Generation weitergegeben worden sind. Die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen soll dadurch sichtbar werden. Als Immaterielles Kulturerbe anerkannt sind beispielsweise der Tango aus Argentinien und Uruguay, die traditionelle chinesische Medizin und die italienische Geigenbaukunst.
Deutschland ist 2013 dem UNESCO- Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes beigetreten, dem insgesamt 163 Staaten angehören.
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