Flüchtlingstaufen: Auf der Suche nach Gemeinschaft
Im niedersächsischen Ramelsloh hat Pfarrer Hans-Georg Wieberneit sieben Männer aus dem Iran und Afghanistan getauft. Bei einem Gemeindebesuch fragte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister die Männer nach ihren Gründen.
von Karen Miether
Im Iran habe er sich immer unter Druck gefühlt, Angst gehabt, sagt der Automechaniker Said. In dem Land, das sich als islamische Republik bezeichnet, sei seine muslimische Religion für ihn Zwang und Unterdrückung gewesen. Seine Eltern hätten ihn wie einen Hund behandelt, weil er sich nicht den strengen Vorschriften unterwerfen wollte. »Du bist nicht unser Kind. Du bist Heide«, hätten sie gesagt. »Ich habe Religionen gehasst.« Als Christ erfahre er jetzt Ruhe. »Ich hatte keinen Vater, jetzt habe ich zwei: Gott und meinen Paten.«
In die Diskussion, ob die evangelische Kirche leichtfertig mit der Taufe umgeht und die christliche Taufe von Flüchtlingen für ihr Bleiberecht missbraucht wird, hatte Bischof Meister immer wieder vor Pauschalurteilen gewarnt. Gemeinden prüften das Taufbegehren in der Regel sorgfältig.
Pfarrer Wieberneit betont, der Wunsch, getauft zu werden, sei von den Flüchtlingen ausgegangen. Vor der Taufe seien sie in mehrwöchigen Kursen vorbereitet worden. Paten begleiten sie auch weiterhin. Er habe auch deutlich gemacht: »Die Taufe ist keine Garantie dafür, dass sie nicht wieder in ihre Heimat zurückgeführt werden.«
Nach Wieberneits Einschätzung suchen die getauften Flüchtlinge aus dem Iran und aus Afghanistan vor allem Freiheit und religiöse Gemeinschaft. »Syrer und Iraker haben andere religiöse Erfahrungen gemacht«, sagt Wieberneit: »Die sind fröhliche Muslime.«
Der 25-jährige Ali aus dem Iran übersetzt ins Deutsche, was die Männer sagen. Er war schon Christ, bevor er geflohen ist. Als 16-Jähriger habe er sich mit armenischen Christen angefreundet. Er wollte mehr über ihre Religion wissen. Doch die Freunde hätten ihn gewarnt. »Das ist sehr, sehr gefährlich.« Ali reiste in die Türkei, um einen christlichen Gottesdienst zu besuchen. Dort ließ er sich später auch taufen, erzählt er. Fotos von der Taufe hütete er nach seiner Rückkehr in den Iran auf dem Handy, das er versteckt hielt. Als es während seines Militärdienstes doch entdeckt wurde, ergriff er die Flucht. »Es ist eine lange Geschichte.« (epd)
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.